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EU-Wahl gemeistert, doch der Wahlkampf geht weiter

Von Alexandra Grass

Politik

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Die EU-Wahl ist vorbei · jedoch nicht der Wahlkampf. Dieser geht nach wie vor weiter · und Thema Nummer 1 bleibt weiterhin die Neutralität. Die Nationalratswahl ist für 3. Oktober

angesetzt und bis dahin wird die Intensität der Auseinandersetzungen zwischen den Parteien steigen · das Niveau droht aber gleichermaßen sinken. Und das noch tiefer als in der Woche vor der EU-Wahl.

Um auf die behauptete "Neutralitätslüge" des SPÖ-Kanzlers hinzuweisen, wurden die Viktor-Klima-Plakate mit langen Nasen versehen · dahinter steckte laut "profil" die Junge ÖVP. Eine weitere

Kampagne der JVP wollte die SPÖ für die Drogentoten des Jahres 1997 verantwortlich machen. Daraufhin drohte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Andreas Rudas mit einer Anti-NATO-Demo in der Wiener

Lichtenfelsgasse, dem Sitz der ÖVP-Bundespartei. "Ursula, die Trinkfeste" bekam ÖVP-Spitzenkandidatin Ursula Stenzel seitens der FPÖ zu hören.

Drei Millionen blieben zu Hause

Die Reaktion der potentiellen Wähler: Drei Millionen blieben zu Hause · die Wahlbeteiligung lag somit bei 49 Prozent. Der Politologe Peter Ulram sieht in der geänderten Ausgangslage gegenüber der

ersten EU-Wahl im Jahr 1996 einen Grund für die stark gesunkene Wahlbeteiligung. Die jüngste EU-Wahl sei deutlich weniger eine innenpolitisch aufgeladene Protestwahl gewesen. Das Desinteresse der

Nichtwähler sei mehr politisch als unpolitisch gewesen. So hätten 21 Prozent der Befragten "spontan Ablehnung bzw. Skepsis gegenüber der EU" zu Protokoll gegeben. Ebenso viele gaben "kein

Interesse für die EU" an.

Auch die landesweite Aufforderung der Bundesregierung, am 13. Juni wählen zu gehen · das Motto lautete "Jede Stimme zählt" · hat die Österreicherinnen und Österreicher nicht wirklich motivieren

können.

Jubel bei SP, VP, G

Jubelstimmung herrschte in der Wahlnacht bei der SPÖ, der ÖVP und im Grünen Lager. FPÖ und LIF sinnieren derzeit über den Grund Schlappe.

Die wahren Sieger des 13. Juni sind die Grünen: Sie konnten mit 9,25 Prozent (1996: 6,81) ihren Mandatsstand im EP von eins auf zwei verdoppeln. Spitzenkandidat Johannes Voggenhuber sprach "vom

besten Wahlergebnis in der Geschichte der Grünen". Die politische Botschaft dieser Wahl sei klar: "Österreich will neutral bleiben".

Die SPÖ punktete mit 31,74 Prozent (1996: 29,15), wurde damit wieder stimmenstärkste Partei und konnte ein Mandat dazugewinnen. Die Sozialdemokraten wollen sich auch weiterhin für Beschäftigung und

Neutralität einsetzen, erklärte daraufhin Bundeskanzler Viktor Klima.

Die ÖVP hat zwar ihre Spitzenposition verloren (1999: 30,64; 1996: 29,65 Prozent), konnte aber trotzdem alle drei gesetzten Wahlziele erreichen, gab sich ÖVP-Obmann Vizekanzler Wolfgang Schüssel am

Tag danach als Sieger:

Die ÖVP ist erstmals seit langer Zeit wieder jenseits der 30-Prozent-Marke zu liegen gekommen, konnte das Ergebnis von 1996 sogar übertreffen und ihre sieben Mandate halten · außerdem

landeten die Christdemokraten und Konservativen im EP auf Platz 1. Schüssel sieht angesichts dieser Fakten die Botschaft gegen ein "rotes Europa".

"Erfolg war's keiner" hieß es wahrheitsgemäß seitens der FPÖ. Diese mußte mit 23,48 Prozent (1996: 27,53) den Verlust eines Mandates hinnehmen und hält jetzt bei fünf Abgeordneten. Die Analyse:

Offensichtlich seien die EU-kritischen Wähler nicht zur Wahl gegangen, was einem Wählerprotest gleichkomme. FPÖ-Chef Jörg Haider will sich jetzt persönlich "mit ganzem Geschäft" in den

Nationalratswahlkampf werfen.

Die größte Wahlschlappe mußten allerdings die Liberalen hinnehmen. Sie konnten nur 2,64 Prozent der Wähler mobilisieren (1996: 4,26) und flogen somit aus der europäischen Maschinerie. "Wir

sind auf die Nase gefallen, aber wir sind Stehaufmenschen", kommentierte LIF-Chefin Heide Schmidt. Bei den Nationalratswahlen geht sie wieder an die Front.

Die Christlich Soziale Allianz (CSA) erreichte 1,53 Prozent der Stimmen und will am 3. Oktober den nächsten Versuch starten. Die KPÖ konnte mit 0,73 Prozent ihr Ergebnis von 1996 (0,47) verbessern,

bleibt aber ebenso weit fern von einer Teilnahme am europäischen Geschehen.

"Danke"

"Danke, daß Sie unseren Kurs unterstützt haben" (SPÖ), "Danke für ihr Vertrauen" (ÖVP) und "Danke! Und am 3. Oktober Van der Bellen und sein Team" (Grüne) ließ die Freude der Wahlgewinner nach dem

Urnengang erkennen. Plakate des LIF waren teilweise mit Einladungen zur "Regenbogen-Parade" überklebt · teils übten sich die Liberalen auch in Selbstironie und kombinierten die Dreieckständer von

Johannes Strohmayer mit einer "Standard"-Werbung: "Nachher ist man immer klüger".Õ