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EU-Wahlbeobachtung: "Mit allen gesprochen"

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Ferrero: "Grundvoraussetzung für Demokratie." | Berichte aus Gaza und Kongo. | Brüssel. Ihre Aufgabe ist oft gefährlich und immer politisch heikel. Die Wahlbeobachter der Europäischen Union betreiben Feldforschung in Ländern, die oft erst an der Schwelle zur Demokratie stehen. "Wahlen allein können zwar noch keine Demokratie bilden, aber die freie Teilnahme von Frauen und Männern ist eine Grundvoraussetzung dafür", sagte Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner, die gestern, Montag, eine Bilanz der EU-Missionen zog. Bei diesen konzentriert sich die Kommission auf Länder, in denen die OSZE nicht beobachtet. So seien Einsätze in Weißrussland und der Ukraine nicht notwendig, weil Brüssel den Berichten der OSZE "voll und ganz" vertraue, erklärte Ferrero-Waldner.


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Zwei der spektakulärsten jüngsten Missionen waren jene im Gaza-Streifen im Jänner unter der belgischen Europaabgeordneten Veronique de Keyser und in der Demokratischen Republik Kongo. Dass die Wahl "völlig regelmäßig" verlaufen sei, bezeichnete de Keyser als "kleines Wunder". Gewaltausbrüche im Vorfeld, die schwere Erkrankung von Premier Ariel Sharon und schließlich die Auseinandersetzungen um die dänischen Mohammed-Karikaturen hätten rund um den Wahltag nämlich ein "Klima der Unsicherheit" geschaffen. Mehrmals sei der Abbruch der Mission überlegt worden. Gemäß den Grundsätzen der EU-Wahlbeobachtung - absolute Unabhängigkeit und Neutralität - habe sie zur Rettung des historischen Votums "mit allen Parteien" verhandelt, erklärte De Keyser. Es gelte, nicht direkt mit der Hamas, wohl aber mit der künftigen Regierung der Palästinenser Kontakt aufzunehmen.

Unübersichtlich wie im Gaza-Streifen bleibt auch die Lage im Kongo. Dort überwachte ein Team unter dem französischen General und Ex-Kommandanten der UNO-Schutztruppe in Bosnien Philippe Morillon im November das Referendum für eine neue Verfassung.

Ein Land so groß wie Westeuropa nach einem 30-jährigen Bürgerkrieg mit Millionen von Toten. So skizzierte Morillon die Ausgangslage. Von den geschätzten 40 Millionen Einwohnern sei es immerhin gelungen, 25 Millionen für das Referendum zu registrieren. Die neue Verfassung sei "ruhig angenommen" worden. Derzeit lotet eine Sondierungsmission die Bedingungen für die Beobachtung der im Juni anstehenden Wahlen aus. Morillon empfiehlt einen EU-Militäreinsatz zur "Abschreckung", falls jemand mit dem Wahlergebnis nicht zufrieden ist.

Seit die EU im Jahr 2000 fixe Regeln für ihre Wahlbeobachtungsmissionen etabliert hat, wurden 47 Einsätze in 35 Ländern Asiens, Afrikas sowie Mittel- und Südamerikas mit mehr als 4.000 EU-Experten und einem Budget von gut 77 Millionen Euro durchgeführt. Die Berichte gelten der EU als Wegweiser für den weiteren politischen Dialog mit den Ländern und den dortigen Regierungen als Leitfaden für weitere Demokratisierungsschritte, erklärte die Außenkommissarin. Fällt ein Report negativ aus, könnte das Auswirkungen auf künftige Hilfszahlungen der Union und die wirtschaftliche Zusammenarbeit haben.