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EU wartet auf Antrag Islands

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Volksabstimmung soll den Weg ebnen. | Beitritt wäre schon 2011 möglich. | Brüssel. Die Ansagen der Wahlsiegerin Johanna Sigurdardottir von den isländischen Sozialdemokraten sind klar: Rasche Beitritte zu EU und Eurozone sollen das Vertrauen in Islands Wirtschaft wiederherstellen. Mit diesem Versprechen war sie bereits in den Wahlkampf gegangen. Der Koalitionspartner, die Linksgrünen, steht der EU zwar kritisch gegenüber, weil sie zu undemokratisch und zu "neoliberal" sei. Doch als Kompromiss schien sich rasch nach dem Urnengang am Wochenende eine Volksabstimmung über die formelle Bewerbung in Brüssel abzuzeichnen.


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Dass der Antrag aus Reykjavik dort höchst willkommen ist, hat Erweiterungskommissar Olli Rehn schon mehrfach betont. Kroatien werde der 28. Mitgliedsstaat, wenn sich vorher nicht noch Island bewerbe, lautet ein Stehsatz des Finnen. Die Beitrittsverhandlungen könnten ziemlich rasch abgewickelt werden, weil das Land als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) wie Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein bereits gut zwei Drittel des EU-Rechtsbestands umgesetzt hat. Allerdings müsste das EU-Verhandlungsteam wohl überdurchschnittlich viele Fischereiexperten aufweisen. Denn dieser Bereich gilt als der schwierigste: Die Isländer verfügen über reiche Fischgründe, die zunehmend für die EU-Fangflotten geöffnet werden müssten. Zudem beharrt Reykjavik entgegen dem allgemeinen Konsens der Mitgliedsstaaten auf dem kommerziellen Walfang. Experten gehen aber davon aus, dass ein Beitritt im Jahr 2011 machbar wäre, wenn der Antrag noch heuer gestellt würde - also möglicherweise gemeinsam mit Kroatien. Doch die Voraussetzung für jeden weiteren Schritt in Richtung EU liege jetzt ausschließlich bei den Isländern, betonte Kommissionssprecher Johannes Laitenberger am Montag. Diese müssten den Startschuss geben.

Gelten die Wahlen als Referenz, würde sich die Mehrheit der gut 300.000 Isländer derzeit für die EU aussprechen. Mit den Sozialdemokraten, der Bürgerbewegung und der Fortschrittspartei haben knapp 52 Prozent für Pro-EU-Parteien gestimmt. Bis zum Zusammenbruch der isländischen Wirtschaft letzten Herbst hatte es stets eine deutliche Mehrheit gegen den EU-Beitritt gegeben.