Burma möchte mithilfe des Westens die Abhängigkeit von China verringern.
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Brüssel/Washington. Der einstige Paria Myanmar (Burma) verliert im Westen zusehends seinen schlechten Ruf: Die EU-Kommission will nun Handelserleichterungen für das südostasiatische Land durchsetzen, die Mitgliedsländer und das EU-Parlament müssen noch zustimmen. Der Schritt soll Belohnung und Ansporn für den politischen Reformprozess in dem Staat sein, der jahrzehntelang von einer Militärdiktatur brutal beherrscht wurde und der sich nun demokratisiert.
Das Vorgehen der EU fällt zusammen mit einer historischen USA-Reise von Burmas Oppositionsikone und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die jahrelang von der einstigen Militärjunta unter Hausarrest gehalten wurde. Und auch die burmesische Regierung setzt ein Zeichen Richtung Westen. Sie kündigte an, 500 Gefangene freizulassen, darunter sollen sich nach ersten Schätzungen 80 politische Häftlinge befinden.
EU-Handelskommissar Karel de Gucht plant, dass das 54-Millionen-Einwohner-Land jene Handelserleichterungen erhält, die die Union den am wenigsten entwickelten Staaten gewährt. Damit dürfte Burma alle Waren außer Waffen zollfrei und ohne Mengenbeschränkung in die EU einführen. Burma besitzt große Vorkommen an Öl, Gas und Hölzern, auch Reis wäre ein mögliches Exportgut. Die Ausfuhren in die EU hatten 2011 lediglich einen Wert von 169 Millionen Euro und das machte geschätzte drei Prozent der burmesischen Gesamtexporte aus. Das Land ist viel stärker regional vernetzt: Thailand nimmt etwa Gas ab, und der größte Investor wurde in den vergangenen Jahren der große Nachbar China.
Großer Einfluss Pekings
Damit stieg für Burma aber auch die wirtschaftliche und politische Abhängigkeit von China. "Doch Burma versteht sich als Staat, der in alle Richtungen offen sein will", sagt der Politologe Marco Bünte von der deutschen Denkfabrik "Giga-Institut für Asien-Forschung". Durch seine Menschenrechtsvergehen hat sich das Land aber in den vergangenen Jahrzehnten vom Westen isoliert und landete zusehends in den Armen Chinas. "Jetzt ist Burmas Führung froh, dass sie diese Abhängigkeit abschwächen kann", analysiert Bünte im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Burmas - vom Westen zuvor lange geforderte - Öffnungspolitik setzte Anfang 2011 ein, als das Land formal eine zivile Regierung bekam. Die zuvor fast fünf Jahrzehnte herrschende Militärdiktatur war berüchtigt für Folter und Zwangsarbeit. Noch immer hat die Armee viel Einfluss, doch unter der neuen Regierung wurde plötzlich möglich, was unter der Junta undenkbar war: Die wichtigste Oppositionspartei, Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie, wurde zugelassen und politische Gefangene auf freien Fuß gesetzt. Doch vieles liegt noch im Argen: Menschenrechtsorganisationen berichten, dass in dem Vielvölkerstaat Angehörige von Minderheiten weiter gefoltert werden. Und noch immer sitzen etwa 500 politische Gefangene ein.
Die EU hat ihre Sanktionen in den vergangenen Monaten weitgehend ausgesetzt, die USA haben ihre gelockert. Beide bleiben aber skeptisch: Die USA belegen viele Waren aus Burma noch immer mit einem Exportverbot. Und die nun von der EU-Kommission angedachten Vergünstigungen sollen vorerst nur ein Jahr gelten.
Westliche Investoren scharren jedenfalls schon in den Startlöchern. Doch Burma ist für sie ein unsicheres Pflaster, analysiert Bünte. So gebe es etwa viel Korruption und Rechtsunsicherheit, zudem sei die Infrastruktur schwach.