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Absage an Finanztransaktionssteuer. | Semeta: Gefahr für Abwanderung der Umsätze. | Brüssel. Eine klare Absage gab es am Donnerstag erneut für eine Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene, wie sie von der österreichischen Bundesregierung geschlossen propagiert wird. Zwar sei es richtig, dass der Finanzsektor etwa wegen seiner Umsatzsteuerbefreiungen bisher zu wenig besteuert werde und einen fairen Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte beitragen müsse, erklärte Steuerkommissar Algirdas Semeta. Er bekräftigte jedoch die bisherige Einschätzung der EU-Kommission, dass die Transaktionssteuer "ein erhebliches Risiko" berge, die Umsätze von den Finanzmärkten in der EU zu jenen außerhalb der Union zu verlagern.
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Davor hatte zuletzt auch der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Juncker, eindringlich gewarnt.
Auf europäischer Ebene sei daher die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) empfohlene Finanzaktivitätssteuer eine geeignete Form, die Banken und Versicherungen zur Kasse zu bitten, erklärte Semeta.
Diese orientiert sich nicht an den Umsätzen beim Handel mit Aktien, Anleihen und Derivaten, sondern setzt bei den Profiten der handelnden Unternehmen an. "Die Mobilität der Transaktionen ist bei den weltweit sehr gut vernetzten Finanzzentren wesentlich höher als bei den Firmen selbst", erläuterte der litauische Kommissar.
Aktivitätssteuer brächte EU-weit 25 Milliarden
Seine Ausführungen gelten als Weichenstellung für die weitere Arbeit der Kommission zur Besteuerung des Finanzsektors. Konkrete Vorschläge sollen vor dem nächsten Sommer präsentiert werden. In Semetas Strategiepapier finden sich Schätzungen über die möglichen Einnahmen der beiden für den Finanzmarkt in Frage kommenden Abgaben. So brächte die Aktivitätssteuer in der EU bei einem Satz von fünf Prozent 25 Milliarden Euro pro Jahr.
Bei der Transaktionssteuer reichen die möglichen Erträge je nach Breite der Basis von 20 bis 150 Milliarden Euro. Letztere Zahl stamme vom österreichischen Finanzministerium, sagte ein Kommissionsbeamter. Ein von Finanzminister Josef Pröll unlängst vorgeschlagenes Konzept für eine EU-weite Finanztransaktionssteuer werde bei den weiteren Überlegungen der Kommission "berücksichtigt".
Problematisch an den viel höheren Zahlen für die Transaktionssteuer sei freilich, dass sie erstens von den derzeitigen Umsätzen ausgingen und deren mögliche Abwanderung nicht berücksichtigten, hieß es. Und zweitens würden die Einnahmen in Europa zum allergrößten Teil nur an den großen Finanzplätzen wie London oder Frankfurt lukriert. Für die Sanierung der Haushalte sei daher die Aktivitätssteuer eine gleichmäßigere Einkommensquelle für alle EU-Staaten.
Trotz der neuerlichen Abfuhr aus Brüssel will Österreich an seinem Konzept festhalten. Erst unlängst habe Budgetkommissar Janusz Lewandowski eine Finanztransaktionssteuer als möglich EU-Einnahmenquelle ins Spiel gebracht, sagte ein Sprecher von Pröll. Die Kommission sollte erst einmal versuchen, intern eine einheitliche Linie zu finden. Immer mehr Mitgliedstaaten unterstützten zudem die österreichische Forderung.
Und auch Semeta will die Einführung der Finanztransaktionssteuer weiterverfolgen - allerdings nur auf weltweiter Ebene. Damit könnten die globalen Herausforderungen wie der Kampf gegen den Klimawandel oder die Entwicklungshilfe finanziert werden, so Semeta.