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Heikle Streitfragen um Ausfallshaftung. | Gang zum EuGH ist wohl der nächste Schritt. | Brüssel. Der Tag der Entscheidung ist nahe: Kommenden Mittwoch werde die EU-Kommission die Grazer Wechselseitige Versicherung (GraWe) zu einer saftigen Nachzahlung für den Kauf der Bank Burgenland vom Land Burgenland verdonnern, berichten Insider.
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So sollen nach Brüsseler Ansicht illegal geflossene staatliche Beihilfen zurückgezahlt werden. Diese betragen im Höchstfall jene 55 Millionen Euro, welche ein ukrainisches Konsortium im Frühjahr 2006 mehr als die 100,3 Millionen der GraWe für die damals marode Bank geboten hat. Grundsätzlich müsse nämlich an den Höchstbieter verkauft werden, meint die Kommission. Zahlreiche österreichische Einwände, dass beide Angebote über dem Marktwert der Bank gelegen seien und der Höchstbieter in diesem Fall nicht gleichzeitig der Bestbieter gewesen sei, verhallten in Brüssel.
Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat die Ausführungen des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Niessl bei einem letzten Rettungsversuch Anfang des Monats zwar noch angehört. Ihre Entscheidung schien sie aber bereits getroffen zu haben, heißt es jetzt.
Ausfallshaftung
Niessl hat vor allem auf ein Gutachten der Investmentbank Morgan Stanley verwiesen. Die habe das Risiko durch die Ausfallshaftung des Landes Burgenland für Verbindlichkeiten der Bank Burgenland bei einem Verkauf an die SLAV AG um 300 Millionen Euro höher bewertet. Schließlich verfügte die GraWe über die Bonitätseinstufung "A", während für die SLAV AG kein Rating vorlag. Diese bot nämlich für ein ukrainisches Industriekonsortium und hatte entsprechend wenig Erfahrung am Finanzmarkt. Eine Prüfung durch die Finanzmarktaufsicht wäre langwierig gewesen und voraussichtlich negativ ausgefallen, argumentieren die Burgenländer.
Im Kern ging es aber darum, ob die Ausfallshaftung bis zu einem Betrag von 3,5 Mrd. Euro zur Bewertung der Angebote einbezogen werden durfte. Österreich hatte dafür plädiert, weil die Haftung eine von der EU-Kommission genehmigte Beihilfe sei. Sie stelle daher aus kaufmännischer Sicht ein reales Risiko aufgrund einer erlaubten Maßnahme dar.
Der Kommission fehlt hier dagegen die Abgrenzung der Rollen des Landes Burgenland als Beihilfengeber und Verkäufer. Außerdem stehe die Berücksichtigung im Widerspruch zu einem Ausschreibungskriterium, gemäß dem die Bank nach dem Verkauf ohne Inanspruchnahme der Haftung weitergeführt werden sollte. Hier werde juristisches Neuland betreten, hieß es. Der Kommission geht es offenbar auch darum, diese Frage vom Europäischen Gerichtshof klären zu lassen. Und der Gang dorthin ist die wahrscheinlichste Folge der anstehenden Kommissionsentscheidung. Dass die GraWe einfach nachzahlt oder vom Kauf zurücktritt, wird nicht erwartet.
Erstens hat sie im Kaufvertrag eine Klausel, laut der das Land Burgenland eventuelle Preisaufschläge schluckt, was aller Voraussicht nach wiederum EU-rechtswidrig ist. Zweitens ist die Trennung der beiden Unternehmen zwei Jahre nach dem Kauf nur unter größtem Aufwand möglich. Und ob die SLAV AG überhaupt noch an der Bank Burgenland interessiert wäre, wird bezweifelt.