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Kommission fordert mehr Kontrolle für Sektor der Schattenbanken.
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Brüssel. Der Markt ist ein billionenschwerer, aber an Regeln dafür mangelt es. Doch geht es nach der EU-Kommission, sollen in Zukunft auch die Schattenbanken bestimmte Anforderungen erfüllen müssen. Immerhin funktioniert über sie ein Drittel des gesamten Finanzsystems, und ihr Volumen in der geschätzten Höhe von mehr als 50 Billionen Euro entspricht der Hälfte aller Bankaktiva. Bisher wickelten sie ihre Geschäfte allerdings ohne eine Banklizenz und von keiner Aufsichtsbehörde überwacht ab.
Nun will die Kommission zumindest den Geldmarktfonds Bedingungen auferlegen. Über diese Unternehmen besorgen sich vor allem Banken, aber auch Staaten meist kurzfristig Kapital. Und wegen dieser Verknüpfung sei eine Regulierung für die Stabilität des gesamten Finanzsektors wichtig, argumentiert Binnenmarktkommissar Michel Barnier. "Wir brauchen mehr Garantien, wenn das Risiko größer ist", erklärte er bei der Präsentation seines Vorschlags.
Daher fordert er ein Liquiditätsmanagement, das die Geldmarktfonds in die Lage versetzen soll, ihren Investoren die eingezahlten Mittel zurückgeben zu können. So sollen mindestens zehn Prozent der Vermögenswerte täglich fällig sein und weitere 20 Prozent in Papieren gehalten werden, die höchstens eine Woche laufen. Um nicht anfällig zu werden, sollen auf Kurzläufer spezialisierte Geldmarktfonds das Kreditrisiko gegenüber den jeweiligen Emittenten deckeln: Der Anteil eines einzelnen soll nicht mehr als fünf Prozent des Portfolios betragen. Bei den übrigen Fonds könnte die Grenze bei zehn Prozent liegen.
Kapitalpuffer verordnet
Manchen Ländern gehen die Regelungen allerdings nicht weit genug. So hätten sich Deutschland und Frankreich ein Verbot von Unternehmen gewünscht, die ihren Investoren einen festen Rückkaufwert für ihre Anteile garantieren, also etwa versprechen, dass jeder eingezahlte Euro auch wieder ausbezahlt wird - unabhängig davon, wie sich der Finanzmarkt in der Zwischenzeit entwickelt hat. Solche Fonds operieren in Europa vor allem in Irland und Luxemburg; in Frankreich selbst unterliegen sie gewissen Regeln. Anstatt sie aber zu verbieten, will ihnen Barnier Kapitalpuffer verordnen, die innerhalb von drei Jahren auf drei Prozent des verwalteten Vermögens wachsen sollen.
Das finden auch einige EU-Parlamentarier zu wenig. Während aus den Reihen der Volkspartei und von den Sozialdemokraten Lob für die Pläne zur Regulierung der parallelen Bankgeschäfte kam, übten die Grünen Kritik. Ihr wirtschaftspolitischer Sprecher Sven Giegold bezeichnet die Anforderung zum Kapitalpuffer als "enttäuschend". Dieser reiche nicht aus, um Notverkäufe zu verhindern, mit der derartige Fonds "Öl ins Feuer der Eurokrise geschüttet hatten". Ebenso habe sich die Kommission viel Zeit für die Ausarbeitung ihrer Vorschläge gelassen. Einen ähnlichen Vorwurf hatte auch schon die deutsche Regierung geäußert: Bundeskanzlerin Angela Merkel wies auf das schleppende Tempo bei der Regulierung von Hedgefonds beispielsweise hin.
Umgekehrt kommen aus Bankenkreisen Warnungen vor zu vielen Anforderungen an die Branche. Ein allzu strenges Korsett würde nämlich die Wettbewerbsfähigkeit der Europäer schwächen, lautet der Einwand.
Debatte bei G20-Gipfel
Dem hält Kommissar Barnier entgegen, dass es weltweit Bemühungen gibt, den Sektor der Schattenbanken schärfer zu überwachen. Schon beim G20-Gipfel, der am heutigen Donnerstag in St. Petersburg beginnt, sollen die Brüsseler Pläne erörtert werden. In anderen Erdteilen ist der Bereich der Schattenbanken nämlich größer als in Europa. Den massivsten Sektor haben laut Angaben des Finanzstabilitätsrates FSB die USA mit einem Volumen von 17,5 Billionen Euro. Die Eurozone kommt auf 16,8 Billionen Euro. In manchen Finanzzentren, wie Hongkong oder Singapur, aber auch in Großbritannien, beläuft sich das Volumen auf ein Mehrfaches der jährlichen Wirtschaftsleistung des jeweiligen Staates.