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EU will Grenzen für Wirtschaftsprüfer-Haftung

Von Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Mindestmaß an Wettbewerb soll sichergestellt werden. | Brüssel. Die EU-Kommission will die Haftung der großen Wirtschaftsprüfer deckeln. Das geht aus einem Konsultationspapier von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy hervor.


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Nur vier Prüfungsriesen teilen sich weitgehend den Weltmarkt für börsenotierte Unternehmen. Die "Großen Vier" sind KPMG, Ernst & Young, PricewaterhouseCoopers und Deloitte.

Die steigende Anzahl von Klagen gegen die Prüfer berge die "reale Gefahr, dass eines der vier Unternehmen mit Ansprüchen konfrontiert wird, die seine Existenz gefährden", sagt McCreevys Sprecher Oliver Drewes. Der Versicherungsschutz sei oft ungenügend. Für andere Wirtschaftsprüfer wäre es indes kaum möglich, in absehbarer Zeit in die Spitzengruppe aufzusteigen. Der Wettbewerb würde weiter eingeschränkt. Im Extremfall könnte am Ende nur ein Buchprüfer für den Weltmarkt übrig bleiben, der in der Lage wäre die großen Konzerne zu prüfen. Das wäre "eine sehr unglückliche Situation", so Drewes.

Daher kann sich die Kommission vier Möglichkeiten vorstellen, um die Branche zu retten: Es könnten fixe Haftungsobergrenzen für die gesamte EU eingeführt werden. Die neuen Obergrenzen könnten flexibel nach der Größe des geprüften Unternehmens gelten oder sich an den Honoraren der Wirtschaftsprüfer orientieren. Und als letzte Variante regt Brüssel eine Aufteilung der Haftung zwischen den Prüfern und dem geprüften Unternehmen nach einem prozentuellen Schlüssel an.

Grenzen in fünf Ländern

Bisher gibt es in fünf EU-Ländern Haftungsobergrenzen. In Deutschland etwa liegt sie für börsenotierte Unternehmen bei vier Millionen Euro, in Österreich ist die Maximalhaftung nach der Größe der geprüften Unternehmen gestaffelt und liegt zwischen zwei und zwölf Millionen Euro.

Die Kommission untermauert ihre Überlegungen mit einer Studie, die den Zusammenbruch einer weiteren Prüferfirma ohne eine Haftungsobergrenze in Aussicht stellt. Derzeit laufen demnach 16 Verfahren mit Schadenersatzforderungen von jeweils mindestens 200 Mio. Dollar (155 Mio. Euro) bis zu einer Milliarde Dollar. "Wenn auch einer davon schief geht, dann würde das den Prüfer mit Sicherheit zusammenbrechen lassen", hatte der Vorsitzende der Interessenvertretung der vier Prüfer, Jeremy Jennings, gewarnt.

So ist es auch dem bis vor kurzem fünften große Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen ergangen. Er war 2002 an dem Bilanzfälschungsskandal um den US-Energiegiganten Enron zerbrochen. Die Landesgesellschaften fusionierten mit den "großen Vier". Andersen Deutschland und die französische Schwestergesellschaft gingen an Ernst & Young, die britische Andersen-Sparte an Deloitte.