Die Kommission berät über einen Plan zur Transparenz der Steuergebarung internationaler Großkonzerne.
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Brüssel/Wien. Großkonzerne wie Google, Amazon, Starbucks und so weiter: Unsummen werden von diesen internationalen Multis umgesetzt, doch die Erträge werden nur in jenen europäischen Ländern steuerlich schlagend, die entweder eine extrem niedrige Steuer auf Unternehmensgewinne gewähren oder mit denen die Unternehmen abseits davon ein spezielles "Ruling", einen "Sweetheart"-Deal, ausgearbeitet haben. Für solche Deals berüchtigt war etwa das Land des jetzigen EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker - Luxemburg. Auch Irland gewährte Konzernen Steuervorteile. Lange Zeit herrschte die Meinung, dass man wenig dagegen machen kann: Die Steuerhoheit obliegt nun mal der nationalen Souveränität der Länder.
Aber seit Bekanntwerden der Steuertricks der Großkonzerne, die oft aus den USA stammen, ist - vor allem in den Ländern außerhalb der Vereinigten Staaten - der Ruf laut geworden, dieser Steueroptimierung einen Riegel vorzuschieben.
Die USA selbst haben strenge Steuergesetzgebungen bezüglich der Aktivitäten innerhalb des eigenen Landes, sind aber relativ locker oder passiv, was die Aktivitäten der Konzerne im Ausland betrifft.
Problem an die OECD delegiert
Das Problem musste also von jemandem anderen angepackt werden. Die G20, das Kollegium der größten Industrie- und Schwellenländer, hatte daher die OECD ( Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) gebeten, einen Vorschlag zu erarbeiten, um gegen die weltweite Steuervermeidung vorzugehen. Die OECD legte im Oktober 2015 einen 15 Punkte umfassenden Maßnahmenplan vor, um gegen die "Aushöhlung der Steuerbasis und die Gewinnverlagerung" (Base Erosion and Profit Shifting - BEPS) anzukämpfen. Einer der Punkte war die Forderung nach Transparenz - aber Papier ist geduldig, und die OECD kann nur Empfehlungen abgeben.
Doch wie am Montag bekannt wurde, hat die EU den Katalog genau gelesen und sogar den Punkt Transparenz nachgeschärft.
Laut der britischen Zeitung "The Guardian" sollen nach dem Wunsch Brüssels alle Großkonzerne mit Sitz in der EU künftig ihre Steuern und Gewinne offenlegen. Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte am Montag, dass die Auswirkungen solcher Maßnahmen geprüft würden. Ende März sollten erste Ergebnisse vorliegen.
"Die OECD hatte bereits ein ‚country by country reporting‘ vorgeschlagen, also dass die Unternehmen den Behörden etwa ihren Umsatz, ihre Steuerleistung und ihre Mitarbeiter für jedes Land, in dem sie tätig sind, gesondert auflisten müssen", erklärt die Steuer-Expertin Gabriele Hol-
zinger von Deloitte Österreich. Die EU scheint nun einen Schritt weiter zu gehen: Gewinn und Steuern sollen in den jeweiligen EU-Ländern für jedermann öffentlich einsehbar gemacht werden. Durch diesen Vorschlag werden zwar die Steuertarife oder Regime nicht geändert, kurzfristig gibt es also keine Auswirkungen, "aber es wird ein moralischer Druck aufgebaut und hilft den Gesetzgebern, ein Gesamtbild zu bekommen", so Holzinger.
Ganz neu ist ein solcher Vorschlag der Öffentlichmachung nicht: Österreich hat etwa mit Jahresbeginn eine EU-Bestimmung umgesetzt, dass die Branche der Erdölindustrie Zahlungen (also unter anderem Steuern) an den Staat öffentlich machen müssen, berichtet Holzinger. Dass eine Öffentlichmachung der Steuerbeträge in naher Zukunft kommen werde, ist also ein logischer nächster Schritt. Zumindest für die Europäische Union. Ob das für den Kampf, der weltweit geführt wird, reicht, steht auf einem anderen Blatt.
Vor allem ob die USA bei der Umsetzung der OECD-Vorschläge mitzieht, ist unklar. Zuletzt habe es so ausgesehen, als ob die USA bei den internationalen Bemühungen um Steuertransparenz etwas zurückgerudert seien. "Es wird die große Frage sein, wie man die amerikanischen Unternehmen damit einfängt", erklärt Holzinger.
Mehr Transparenz
Eine Auflistung der Steuerbeträge hält Holzinger auch nicht für bedenklich: "Grundsätzlich gibt es in jedem Land ein Steuergeheimnis. Trotzdem spricht nichts dagegen, wenn eine Aufstellung der Umsätze und der bezahlten Steuern im Jahresabschluss veröffentlicht werden." Man sehe ja bereits in den Einzelabschlüssen, welche Steuern bezahlt werden, wie viel Umsatz gemacht werde, dies sei also insoweit kein Geheimnis.
Der jetzige Vorstoß bringe nicht nur Transparenz für das Land, sondern helfe, die gesamte steuerliche Landschaft abzubilden. "Bisher war es so, dass Unternehmen in verschiedenen Ländern tätig waren und die Behörden der jeweiligen Länder keine Kenntnis über die Tätigkeit im Ausland hatten. Durch das ‚country by country reporting‘ sollen die Behörden ein umfassenderes Gesamtbild bekommen", erklärt Holzinger.
Die Details bleiben ohnedies für die Öffentlichkeit unbekannt. Denn die sogenannten "Rulings", also die steuerlichen Zuckerln für die Unternehmen, sollten sie sich in diesem oder jenem Land niederlassen, müssen zwar laut dem Beschluss der EU-Finanzminister vom Oktober bekannt gemacht werden - allerdings nur bei den Behörden untereinander. "Da würden nämlich mehr Details zum Unternehmen bekannt gegeben werden", urteilt Holzinger - und das könnte wettbewerbsrechtlich für die Unternehmen schwierig werden.