Stellung des Opfers in Strafverfahren soll gestärkt werden. | Vorreiterrolle für Österreich seit der Strafprozess-Reform. | Wien. Wer Opfer einer Straftat wird, muss sich mit allen möglichen Belangen herumschlagen: Der Anzeigenerstattung, eventuell Schmerzensgeld- oder Schadenersatzforderungen, vielleicht auch Zeugenaussagen. Die Termine und den Ausgang des Strafprozesses will man dabei wohl nicht unbedingt aus der Zeitung erfahren.
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"In vielen europäischen Ländern ist es aber noch immer an der Tagesordnung, dass das Opfer nicht am Prozess teilnimmt. Oft werden sie nicht einmal davon informiert", erklärt Lyane Sautner vom Victim Support Europe, dem Dachverband der europäischen Opferhilfeorganisationen, der "Wiener Zeitung".
Opfer nur als Zeugen
"Das Opfer spielt höchstens dann eine Rolle, wenn es das Gericht als Zeugen benötigt." Dass dem Opfer im Prozess keine Aufmerksamkeit zugewandt werde, führe oft gleich zu einer erneuten Opferwerdung, erklärt Sautner. So würden Schadenersatzforderungen aufgrund mangelnder Information der Betroffenen nicht selten auf der Strecke bleiben - für juristische Fachauskünfte zu bezahlen, könnten sich viele nicht leisten.
Um die Situation von Kriminalitätsopfern im Strafverfahren zu verbessern, hat die europäische Kommission diese Problematik auf ihrer Agenda nun recht weit oben angesiedelt: "Bis Mai soll eine Richtlinie zur Ratifizierung gelangen, wodurch die einzelnen Mitgliedsstaaten angehalten werden, einen umfassenden Opferschutz einzuführen", erklärt Sautner. Denn der im Jahr 2001 erfolgte Rahmenbeschluss der Kommission, der die Stellung des Opfers im Strafverfahren zum Gegenstand hatte, hätte in den einzelnen Mitgliedstaaten nur geringe Erfolge erzielt.
"Österreich hat sich allerdings durch die Strafprozessreform 2008 zu einem europäischen Vorreiter etabliert", so Sautner. Denn durch diese wurde ein umfassender Opferschutz verankert, der das Recht, an der Hauptverhandlung teil-zunehmen sowie Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu befragen, umfasst. Auch psychosoziale und juristische Prozessbegleitung werden bei Bedarf zur Verfügung gestellt.