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EU will Lkw-Fahrverbot kippen

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Freier Warenverkehr versus Umweltschutz. | Mangelnde Schienenkapazität problematisch. | Brüssel. Die EU-Kommission hat es eilig. Denn ab Mai sollen auf der Inntal-Autobahn begrenzte Lkw-Fahrverbote in Kraft treten. Damit soll die massive Überschreitung der Grenzwerte gemäß der EU-Luftqualitätsrichtlinie entlang der A12 eingedämmt werden. Doch die Maßnahme verstoße gegen das Grundprinzip des freien Warenverkehrs, findet Brüssel. Innerhalb von nur 15 Tagen erwartet die Kommission daher weitere Informationen zur Legitimation des österreichischen Gesetzes. Die kurze Frist - üblich sind zwei Monate - veranlasst Experten zu der Annahme, dass die Fahrverbote im Schnellverfahren per einstweiliger Verfügung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) schon vor ihrem Inkrafttreten ausgehebelt werden sollen.


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Zwar hat der EuGH die sogenannten sektoralen Fahrverbote bereits 2005 für unzulässig erklärt. Diesmal wollten die Tiroler aber alles richtig machen und auf die Kritikpunkte der Luxemburger Richter eingehen. Die hatten bemängelt, dass das Fahrverbot als isolierte Maßnahme nicht geeignet sei, die Luftqualität ausreichend zu verbessern. Die von den Österreichern angesetzte Vorlaufzeit von zwei Monaten sei zu kurz bemessen gewesen, um den Frächtern die Umstellung auf die neuen Regeln zu ermöglichen.

Allerdings gestanden die Richter ein, dass die Warenverkehrsfreiheit zum Nutzen des Gemeinwohls beschränkt werden dürfe. Angesichts der Luftwerte im Inntal sei Österreich sogar "zum Handeln verpflichtet."

Paket an Maßnahmen

Diesmal umfasst der Kampf gegen die Abgasbelastung ein ganzes Maßnahmenpaket. Bereits seit Ende 2006 herrscht ein komplettes Fahrverbot für besonders umweltverschmutzende Lkw der Schadstoffklassen Euro 0 und Euro 1, eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 100 für Pkw und ein ausgeweitetes Nachtfahrverbot für Lastwagen. Ab 2. Mai sollte die Inntal-Autobahn zwischen Kufstein und Zirl bei Innsbruck für Lkw über 7,5 Tonnen gesperrt werden, die Abfälle, Steine und Erde transportieren. Mit Beginn nächsten Jahres wären auch Lkw-Transporte von Rundholz, Kork, Erzen, Kraftfahrzeugen, Stahl sowie Marmor und Fliesen betroffen.

Mit dem Paket hofft die Tiroler Landesregierung, sich den EU-Luftqualitätsgrenzwerten anzunähern. Derzeit liegen die Werte für die Stickoxidbelastung zeitweise beim Doppelten der erlaubten Grenze.

Reichen der EU-Kommission die Argumente der Österreicher nicht aus, kann der EuGH noch im April mit der Causa befasst werden und umgehend die einstweilige Verfügung verhängen. Dafür müssten die EU-Richter eine "Rechtsgüteabwägung" zwischen dem möglichen wirtschaftlichen Schaden durch die Fahrverbote und der Einhaltung der EU-Luftqualitätsvorgaben treffen, erklären Experten.

Vor allem die noch immer mangelnde Schienenkapazität stört Brüssel dem Vernehmen nach. Da werfen die fehlenden Fortschritte beim Brenner-Basistunnel auch kein gutes Licht auf Österreich - mit dem Tunnel wären die Kapazitätsprobleme gelöst. Inzwischen bleibt dem Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa nur zu beteuern, er halte an den Fahrverboten fest. Er hat auch wenig Spielraum: Im Herbst stehen Landtagswahlen an.