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Kommission plant Anti-Terror-Maßnahmen für Logistiker. | Große Skepsis bei Unternehmen. | Brüssel/Wien. Eine geplante Verordnung der Europäischen Kommission macht Transporteuren zu schaffen. Im Rahmen von Anti-Terror-Maßnahmen setzt sich die Brüsseler Behörde für eine Verbesserung der Sicherheit der Lieferkette ein. So sollen alle Unternehmen, die Güter befördern, bestimmte Vorkehrungen zum Schutz vor terroristischen Attacken treffen. Beispiele dafür: Der Transport sollte lückenlos - vom Verlader bis zum Empfänger - überwacht werden, Mitarbeiter sind zu überprüfen, Sendungen speziell zu verplomben. Im Landverkehr wären davon mehr als 700.000 Unternehmen in Europa betroffen.
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Die Investitionskosten allein für Mindestsicherheitsvorkehrungen - zu denen auch "physische Sicherheit", wie Schlösser für Türen, gehört - schätzt die Kommission EU-weit auf 12,1 Milliarden Euro innerhalb von fünf Jahren. Nur die Verwaltungskosten würden acht Millionen Euro pro Mitgliedsland und Jahr ausmachen, wobei sich der Betrag mit der erwarteten steigenden Zahl von Unternehmen auf 39 Millionen Euro erhöhen würde.
"Es kostet viel und bringt nichts", kommentiert denn auch Harald Bollmann, Obmann der Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Österreich. Insgesamt würde eine Erstzertifizierung der Unternehmen 48 Milliarden Euro EU-weit kosten. 36 Milliarden müssten für die spätere Kontrolle aufgebracht werden: Für Österreich wären das rund 720 Millionen Euro jährlich - die Kosten für 20.000 Kontrolleure. Dabei wären Lkws, die etwa Spaghetti geladen haben, ohnehin kaum Ziele für terroristische Attacken, meint Bollmann.
Auch die meisten Transporteure finden die geplanten Maßnahmen übertrieben. Der erhöhte Bürokratieaufwand und Standortnachteile für jene Länder, die die Auflagen früher als andere erfüllen wollen, könnte zu Verkehrsverlagerungen führen, gibt etwa Elmar Wieland zu bedenken. Der Vorstandsvorsitzende des Logistikers Schenker Österreich weist auch darauf hin, dass Haftungsregelungen für den Ernstfall nur vage oder gar nicht gelöst seien. Die Sicherheitsauflagen hätten sich daher mittlerweile "zu einem echten Problem" entwickelt.
Kostenaufteilung unklar
Wie sich Staat und Unternehmen die Kosten für die Umsetzung der EU-Verordnung teilen würden, ist noch unklar. Brüssel beteiligt sich jedenfalls nicht an der Finanzierung.
Ebenso ungewiss ist, ob die Regelung jemals in der derzeitigen Form in Kraft tritt. Denn die Skepsis ist auch in anderen Ländern groß. Im März hat die Kommission ihren Entwurf zur Verbesserung der Sicherheit der Lieferkette dem Verkehrsministerrat präsentiert. Österreich, das im ersten Halbjahr den EU-Ratsvorsitz innehatte, hat das Thema nicht aufgegriffen. Auch Finnland, derzeit EU-Vorsitzland, wird die Idee wohl nicht weiterverfolgen. Erst im September gab es erste Gespräche auf Expertenebene, heißt es aus dem Verkehrsministerium in Wien.
Zum Verordnungsentwurf muss nun das EU-Parlament eine Stellungnahme abgeben. Und auch wenn die Verkehrsminister bei ihrem Treffen im März des kommenden Jahres über die Regelung beraten würden - eine Umsetzung in den nächsten eineinhalb Jahren ist unwahrscheinlich.