+++ Fälle mit Auslandsbezug sollen einheitlich geklärt werden. | Österreich will Umsetzung während EU-Vorsitz beginnen.
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Wien. Ein Österreicher hat in Tschechien einen Autounfall. Ein Pole kauft kaputte Ware in Paris. Oder eine spanische Kläranlage verschmutzt Boden in Portugal. Die Frage, welches Recht eines Mitgliedsstaats bei grenzüberschreitenden Zivilrechtsfällen angewendet wird, will die EU jetzt mit einer Verordnung einheitlich klären.
Mehr Rechtssicherheit im EU-Raum
"Ursprünglich wurde die Frage des anzuwendenden Rechts bei Fällen mit Auslandsbezug meist durch staatliche Kollisionsnormen geregelt", erklärt der Wiener Rechtsanwalt Roland Katary, "oder durch zwischenstaatliche Abkommen". Auf EU-Ebene gibt es dafür seit 1991 das "Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht" (EVÜ), kurz "Rom I". Dieses unterliegt dem Prinzip der freien Rechtswahl. Die Beteiligten sollen sich aussuchen, wo sie streiten wollen. "Werden sie sich nicht einig, kommt das Recht des Staates zum Zuge, mit dem der Vertrag den engeren Bezug aufweist", so Katary, "beim Kaufvertrag ist das etwa immer die Heimat des Verkäufers". Allerdings konnten bisher die Mitgliedsstaaten "Rom I" als Völkerrechts-Vertrag auslegen wie sie wollten. Rechtseinheit war somit nicht gegeben. Am 15. Dezember 2005 schlug die EU-Kommission deshalb vor, "Rom I" in eine Verordnung umzuwandeln. Das würde in allen Mitgliedsstaaten zur selben Gesetzeslage führen - und zur alleinigen Auslegungskompetenz des EuGH.
Atomkraft-Schäden bleiben nationale Sache
Österreich plant, die "Rom I"-Verordnung noch während des EU-Vorsitzes voranzutreiben, erzählt Christoph Pöchinger, Sprecher von Justizministerin Karin Gastinger.
Eine weitere Initiative ist die Harmonisierung der Kollisionsnormen für den außervertraglichen Bereich. Den Vorschlag über eine diesbezügliche "Rom II" - Verordnung gibt es seit Juli 2003. "Klassisches Anwendungsbeispiel dafür ist der Autounfall im Ausland", erklärt Katary, "aber auch Fälle der Produkthaftung, des unlauteren Wettbewerbs oder der Umweltschädigung".
Nicht in den Bereich einer "Rom II" - Verordnung würde die Haftung für "Schäden durch Kernenergie" fallen - auch auf Wunsch Österreichs. "Bisher wurden Schäden, die von außen im Inland verursacht wurden, nach österreichischen Recht abgehandelt", erklärt Martin Adensamer, leitender Staatsanwalt im Justizministerium, "dieses Recht möchte sich Österreich als kernkraftfreier Staat bei Atomsachen gerne behalten".