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EuGH erleichtert Wettgeschäft

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Luxemburg: Keine Diskriminierung. | Beschränkung nur aus guten Gründen. | Luxemburg/Wien. Mit angehaltenem Atem ist es erwartet worden: Das neue Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über die Glücksspielgesetzgebung in Italien im Fall Placanica, das indirekte Auswirkungen auf das restliche Europa haben könnte.


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Seit gestern ist es da - und es bringt wenig Neues. Im konkreten Gerichtsverfahren ging es um einen italienischen Wettanbieter ohne Konzession. Er nahm zwar an einem Ausschreibungsverfahren teil, aber erfüllte die Bedingungen nicht: Es handelte sich nämlich um eine Kapitalgesellschaft, eine Rechtsform, die in Italien damals laut Gesetz ausdrücklich als Glücksspiel-Betreiber ausgeschlossen wurde. Die Begründung der Italiener dafür lautete, dass eine saubere Betrugsbekämpfung bei oftmals undurchsichtigen Konstrukten wie Kapitalgesellschaften nicht möglich sei.

Wegen dieses Gesetzes ist Italien bereits vom EuGH gerügt worden und hat den entsprechenden Paragraphen gekippt: Nunmehr dürfen auch ausländische Kapitalgesellschaften Konzessionen erwerben. Doch nachträglich war das für das Unternehmen nicht möglich, es drohten weiterhin strafrechtliche Konsequenzen.

Der EuGH entschied nun, dass eine entsprechende strafrechtliche Sanktion rechtswidrig ist, wenn sich die Personen die erforderliche Genehmigung nicht verschaffen konnten. Das war in diesem Fall nicht möglich, weil Italien es unter Verstoß des Gemeinschaftsrechtes (Diskriminierung der Kapitalgesellschaften) abgelehnt hat, sie ihnen zu erteilen.

Der EuGH führt seine Linie fort, nämlich dass Beschränkungen im Glücksspielsektor zulässig sind, wenn sie gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Ob das der Fall ist, müssen die nationalen Gerichte entscheiden. Es geht zurück ins Herkunftsland.

Betrugsbekämpfung?

Die italienischen Richter müssen sich nun fragen, ob der von ihrem Land angegebene Grund, nämlich die Betrugsbekämpfung und die Hintanhaltung illegalen Glücksspiel, der tatsächliche Grund ist, weshalb die Wettanbieter einem Konzessionssystem unterworfen werden - und nicht etwa ein anderes Ziel, nämlich Steuereinnahmen, der wahre Grund dafür sind. Außerdem müssen sie jetzt prüfen, ob das Land genug Konzessionen verteilt (jede Wettannahmestelle benötigt eine der 1000 italienischen Konzessionen für Glücksspiel, für Sportwetten gibt es noch einmal 1000), und ob bei der Vergabe ausländische Anbieter diskriminiert werden. Die tatsächliche Prüfung muss daher noch von Italien durchgeführt werden.

Inzwischen hat das Urteil aber schon Jubel im restlichen Europa hervorgerufen - und die unterschiedlichsten Interpretationen. Sowohl die staatlichen Monopolanbieter in Österreich und Deutschland fühlen sich bestärkt, als auch ihre Gegenspieler, die Privatanbieter wie der heimische Internet-Anbieter Bwin, dessen Aktien nach Urteilsverkündung in ungeahnte Höhen schnellte.

Analyse Seite 12