In Sachen Öffentlichkeitsarbeit touren derzeit die EU-Richter durch die Mitgliedsstaaten. Gestern machten sie Station in Wien, wo sie ihrer Freude über die am 1. Mai 2004 bevorstehende EU-Erweiterung Ausdruck verliehen. Grund der Freude: Die Richter rechnen mit Arbeitserleichterungen aufgrund der bevorstehenden Personalaufstockungen.
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Mehr Fälle in Luxemburg. Während der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mit 466 abgeschlossenen Rechtssachen im Jahr 2002 einen "leichten Zuwachs" zu verzeichnen hatte, war beim Europäischen Gericht erster Instanz (EuG) mit fast 400 Rechtssachen ein Plus von 20,2 Prozent feststellbar.
Soweit der Jahresbericht, den Österreichs Vertreter in der EU-Justiz - EuGH-Richter Peter Jann, Generalanwältin Christine Stix-Hackl und Josef Azizi vom EuG - gestern vor Journalisten präsentierten. Mit einer Flut neuer Rechtssachen unmittelbar nach dem Beitritt der Neuen rechnen die drei nicht: "Eher ist am Anfang mit einer Arbeitserleichterung zu rechnen, weil wir zusätzliche Richter aus den Beitrittsstaaten bekommen", erklärt Jann. Laut Nizza-Vertrag wird auch künftig jeder EU-Staat je einen Richter im EuGH haben - im EuG wird es in Zukunft sogar mindestens einer pro Mitgliedsland sein. "Erst wenn im Lauf der Zeit die neuen Klagen aus den Mitgliedsländern dazu kommen, wird es schwierig", ergänzt Richter Azizi. Nach der Erweiterung werden die EU-Gerichte für mehr als 450 Millionen Menschen Recht sprechen. Hohe Erwartungen setzen die Vertreter der Judikative in den EU-Verfassungskonvent. Die Kompetenzen des EU-Gerichts erster Instanz sollten erweitert werden, meint Azizi im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Vergleichbar dem österreichischen Verwaltungsgerichtshof solle das Gericht erster Instanz künftig die EU-Verwaltungsakte kontrollieren. Dem EuGH solle die Kontrolle der gesetzgebenden Instanzen (Rat und Parlament) und die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Organen obliegen.
Europol überwachen
Azizi forderte, die EU-Polizeibehörden Europol und OLAF der Kontrolle der EU-Gerichtsbarkeit zu unterwerfen: "Gerade Polizeibehörden bedürfen gerichtlicher Kontrolle".