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EuGH: Glücksspiel-Monopol legitim

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Luxemburger Urteil für Europarechtsexperten "sehr überraschend". | Bwin-Aktien brechen ein. | Luxemburg/Wien. Kaum wurde das Urteil auf der Seite des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) veröffentlicht, schon fiel der Aktienkurs von Bwin Richtung Boden. Denn die Richter in Luxemburg haben zum ersten Mal zu Online-Wetten Stellung bezogen: Demnach ist es gerechtfertigt, dass die Aktivitäten des Online-Wett anbieters Bwin in Portugal untersagt werden. Unmittelbar nach Bekanntgabe stürzte die Aktie um zeitweilig bis zu 9 Prozent ab.


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Früher half sich das Gericht bei Vorabentscheidungen mit Formulierungen wie "sofern das Rechtssystem des betreffenden Landes kohärent und systematisch" ist, sei es rechtens, private Glücksspielanbieter zu untersagen. Und das, selbst wenn diese eine Lizenz aus einem anderen Land der Europäischen Union haben.

Das läuft zwar dem freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der EU zuwider, doch im Spezialfeld Glücksspiel wurden immer als Rechtfertigungsgründe die Bekämpfung der Kriminalität und Unterbindung der Suchtgefahr erlaubt. Nun hat der EuGH zum ersten Mal explizit gesagt: Portugal hat das Recht, Online-Sportwetten zu verbieten.

Das von Portugal angeführte Ziel der Bekämpfung der Kriminalität sei geeignet, "Beschränkungen in Bezug auf die Wirtschaftsteilnehmer zu rechtfertigen", so der EuGH.

Konkret ging es bei dem Fall um Vorschriften, die der Santa Casa da Misericórdia de Lisboa, einer jahrhundertealten gemeinnützigen Einrichtung, das ausschließliche Recht einräumen, Lotterien und Wetten im gesamten portugiesischen Staatsgebiet zu veranstalten und zu betreiben.

Das Strafgericht in Porto hatte den EuGH um eine Vorabentscheidung gebeten - und der EuGH hat dem portugiesischen Monopol den Vorzug gegeben.

Anerkennung wurdedamit aufgehoben

Die Entscheidung sei "spektakulär und überraschend", meint Franz Leidenmühler, Dozent für Europarecht an der Johannes-Kepler-Universität in Linz. "Es geht gegen das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens. Denn Bwin wird ja in Gibraltar von den Behörden kontrolliert."

Die Frage bleibt, wie sehr die Rechtssituation in Portugal übertragbar auf andere Länder wie Österreich oder Deutschland ist. Denn beide Länder haben eine - vorsichtig formuliert - zersplitterte Gesetzgebung. Während in Portugal Glücksspiel, Sportwetten und Spielautomaten unter das staatliche Monopol fallen, ist die Rechtslage auf österreichischem und deutschem Gebiet ungleich schwieriger. In Österreich ist etwa das Große Glücksspiel (Roulette und ähnliche Tischspiele) im Quasi-Monopol der Casinos Austria. Das Kleine Glücksspiel (Automaten) ist dagegen in einigen Bundesländern erlaubt. Das Anbieten von Sportwetten ist legal.

"Das portugiesische Gesetz ist in sich widerspruchsfrei", meint dazu der deutsche Rechtsanwalt Wulf Hambach von der Kanzlei Hambach und Hambach, der ebenfalls einen am EuGH anhängigen Glücksspielfall vertritt. "Mittelfristig wird sich diese Entscheidung auf beide Länder auswirken. Entweder müssen die Gesetze kohärenter werden oder das Glücksspiel über kurz oder lang liberalisiert werden."

Österreich glaubt, auf der sicheren Seite zu sein. "Mit der Novelle im Glücksspielgesetz, die im Herbst beschlossen werden soll, werden strenge Zutrittsbeschränkungen für Automaten-Lokale eingeführt. Damit ist der Spielerschutz gegeben", erklärt der Sprecher des Finanzministeriums, Harald Waiglein. Er sieht in dem Urteil einen "Meilenstein": Der EuGH habe klar gesagt, dass es nicht reicht, eine ausländische Lizenz zu haben.

Bwin hat "eine Schlacht verloren, den Krieg aber ganz sicher nicht", kommentiert Cheuvreux-Analyst Alfred Reisenberger. Operativ sei das Urteil "kein großer Beinbruch": Das Portugal-Geschäft mache weniger als vier Prozent der Bruttospielerträge aus. Vor allem in Deutschland hat Bwin freilich noch wichtige Verfahren offen.