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Salzburg muss Pflegegeld an Tochter eines Pendlers aus Bayern zahlen. | Buchinger: Entscheidung ist zu respektieren. | Brüssel/Salzburg. Das Land Salzburg muss der behinderten Tochter eines Grenzgängers, der im Land als Lehrer beschäftigt ist, aber in Deutschland nahe der österreichischen Grenze wohnt, Pflegegeld zahlen. Das hat der Europäische Gerichtshof (Rechtssache C-286/03) am Dienstag entschieden. Das Pflegegeld sei eine Leistung bei Krankheit im Sinne der entsprechenden EU-Verordnung und keine beitragsunabhängige "Sonderleistung", die nur auf einem Teil des Gebietes eines Mitgliedstaates gilt und von der Verordnung ausgenommen ist.
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Der Lehrer hatte für seine schwer behinderte Tochter, die auch als Klägerin auftritt, Pflegegeld nach einem Gesetz des Landes Salzburg beantragt. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass sich dafür der Hauptwohnsitz der pflegebedürftigen Person im Land Salzburg befinden müsse. Der Oberste Gerichtshof, bei dem ein Rekurs anhängig ist, hat die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Soziallandesrat Erwin Buchinger, der den Spruch noch nicht in Händen hat, glaubt, dass der EuGH vor allem die Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Auge hatte. Demnach könnte das Vorenthalten von Pflegegeld für einen Arbeitnehmer aus einem EU-Staat eine Barriere darstellen. Als zweiten wichtigen Punkt erachtet Buchinger die Herstellung des Zusammenhangs mit einem Krankheitsfall und daher mit einer Versicherungsleistung.
Die Luxemburger Richter kamen nämlich zu dem Schluss, dass das Pflegegeld eine objektiv auf Grund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestands gewährte Leistung sei, mit dem Ziel, den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen der Pflegebedürftigen zu verbessern und die Leistungen der Krankenversicherung zu ergänzen.
Durch dieses Urteil habe der EuGH einen Präzedenzfall geschaffen, erklärte Buchinger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Sobald das Urteil schriftlich eingegangen sei, werde das Land gesetzliche Änderungen prüfen. "Das Urteil ist zu respektieren. Roma locuta, causa finita", sagte Buchinger.
Der § 3 des Salzburger Pflegegeldgesetzes, der besagt, dass Landespflegegeld nur an österreichische Staatsbürger mit Wohnsitz in Salzburg zu bezahlen ist, werde geändert. Buchinger erwartet, dass auch die anderen Bundesländer eine entsprechende Korrektur vornehmen müssen.
Aber die Finanzen Salzburgs würden dadurch nicht gesprengt. Der Landesrat schätzt, dass Salzburg dadurch etwa 5 bis 30 Pflegegeldfälle mehr haben werde. Das sei keine sozialpolitische Last. Österreichweit könnte es sich um etwa 300 Fälle handeln.