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London - Im Rennen um die neue Parteiführung der britischen Konservativen ist der Euro-Befürworter und frühere Schatzkanzler Kenneth Clarke Dienstagabend überraschend in Führung gegangen. Michael Portillo, der als klarer Favorit galt, ist ausgeschieden. Die 300.000 Parteimitglieder haben nun die Wahl zwischen Clarke und Iain Duncan Smith, dem Verteidigungsexperten der Partei, der Großbritanniens Beteiligung am Euro entschieden ablehnt.
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Portillo, der nach der ersten Vorwahlrunde unter den Tory-Abgeordneten mit 50 Stimmen in Führung lag, erreichte diesmal nur 53, eine weniger als Smith, der sich um 12 Stimmen verbessern konnte.
Kenneth Clarke, der im ersten Wahlgang mit nur 39 Stimmen dritter wurde, konnte 20 Stimmen gutmachen und sich überraschend an die Spitze setzen. Ihm ist es offensichtlich gelungen, das Gros der Stimmen zu bekommen, die im ersten Wahlgang auf die nun ausgeschiedenen Michael Ancram und David Davies entfallen waren.
Der enttäuschte Portillo kündigte nach seiner Niederlage an, dass er nicht für ein Schattenkabinett zur Verfügung stehen werde: "Ich denke, es ist für mich die Zeit gekommen, um mich nach anderen Beschäftigungen umzusehen."
Clarkes vorläufiger Sieg ist auch eine Herausforderung für die regierende Labour-Partei von Regierungschef Tony Blair. Er gilt als ernstzunehmendster aller möglichen Oppositionschefs. Andrerseits wird Labour, wenn Clarke auch die Vorwahlen unter den Parteimitgliedern gewinnt, die Gelegenheit nutzen, die Konservativen in der Europafrage zu spalten.
Clarke ist sich bewusst, dass die Mehrheit der Abgeordneten, die ihn gewählt haben, mehr oder weniger euroskeptisch sind und die Stimmung in der Partei repräsentieren. "Ich glaube, die Partei würde gerne über andere Dinge als Europa sprechen", meinte Clarke unmittelbar nach der Wahl. Über die Einheitswährung solle in einem eigenen Referendum entschieden werden.
Clarke zeigte sich auch nicht gerade glücklich über Portillos Ankündigung, sich aus der Politik zurückziehen zu wollen. "Wir brauchen Portillo und ich hoffe, dass er sich nach der Niederlage gut erholt, erfrischt zurückkommt und seine Entscheidung überdacht hat. Wegen einer Stimme Rückstand sollte er sich nicht aus der Politik vertreiben lassen."