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Die Einschätzung, dass der amerikanische Finanzminister - angesichts der Lage in den USA - Europa eher keine guten Ratschläge geben sollte, ist richtig. Aber wer hat ihn zu den EU-Finanzministern eingeladen? Wohl ein Europäer. Was wird sich Timothy Geithner wohl danach gedacht haben, nach einem als informell bezeichneten Gespräch? Europäische Finanzminister erzählen in der Öffentlichkeit ganz locker, was da besprochen wurde - inklusive eigener Wertung.
Das beschreibt das EU-Problem recht gut: Alle gackern, aber niemand legt ein Ei.
Wenn der amerikanische Finanzminister meint, Europa solle mehr Risiko nehmen und den Euro-Schutzschirm aufblasen, hat er recht. Genau das tun die Märkte, sprich Finanzgesellschaften jeglicher Art: Sie spekulieren auf Pump gegen Griechenland und den Euro. Dieses Selbstbewusstsein der Amerikaner geht den Europäern ab, und in der Vergangenheit war das auch gut so.
Gegenwart und Zukunft sind aber anders. Mittlerweile tingeln Propheten des Finanzkapitalismus wie Alan Greenspan und George Soros von Markt zu Markt und erklären, in fünf Jahren sei der Euro Geschichte.
Wo sind wir denn? Warum lässt sich die EU dies gefallen? Wo sind denn die EU-Finanzminister, zu denen auch Maria Fekter zählt, wenn solche Sätze fallen?
Sich an Timothy Geithner zu reiben und an seinem Beispiel klarzustellen, dass sich Europa von den USA, die viel schlechtere Wirtschaftsdaten haben, nichts vorschreiben lässt, ist gänzlich verlogen. Wer ist denn dem chinesischen Regierungschef Wen Jiabao voll in die Parade gefahren, als dieser gönnerhaft meinte, China kaufe gern Euro-Anleihen, wenn Europa die (skrupellose) chinesische Handelspolitik abnicke? Richtig: niemand. Vom reichen Onkel könnte ja Geld kommen, also freundlich sein.
Beim amerikanischen Finanzminister regen sich dagegen plötzlich viele auf. Verlogenheit, Egoismus und falsche Einschätzung pflastern den Weg der Politiker in europäischen Fragen. Eine duckmäuserische EU-Kommission vervollständigt das Bild. Das ist das nachhaltige Problem des Euro - nicht Griechenland. Europa wäre sehr stark - ohne seine Organisation, die auf nationale Entscheidungen abstellt.