)
Weltweite Währungs-reserven nach wie vor zu zwei Drittel in Dollar. | Euro überholt Dollar laut Studien frühestens im Jahr 2019. | Wien. Mit einem Wechselkurs von 1,4751 gegenüber dem Euro hat der Dollar diese Woche den tiefsten Stand seit der Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung erreicht. Auch gegenüber anderen Währungen ist die derzeitige Schwäche des Dollar bemerkenswert: Gegenüber dem britischen Pfund beispielsweise ist der Kurs so niedrig wie seit 26 Jahren nicht mehr.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der Verfall des Dollar in den letzten Monaten nährt gegenwärtig wieder einmal Befürchtungen, dass der Dollar seinen Status als globale Reservewährung verliert und vom Euro abgelöst wird.
Wie ernst einige Händler an den Devisenmärkten diese Befürchtungen nehmen, zeigt eine Episode diese Woche: Als Cheng Siwei, der stellvertretende Vorsitzende der Politischen Beraterkonferenz (dem Beratungsgremium des chinesischen Parlaments) am Mittwoch meinte, China müsse in seinen Währungsreserven eine Balance zwischen Euro und Dollar herstellen, schickte er damit den Kurs der US-Währung weltweit auf Talfahrt.
Vordergründig ist das verständlich: Sollte China tatsächlich die Hälfte seiner derzeit 1300 Milliarden Dollar an Währungsreserven in Euro eintauschen, würde der Dollar-Kurs ins Bodenlose sinken.
Auf den zweiten Blick sind die Ängste übertrieben: Cheng Siwei ist nur ein untergeordneter Politiker. Er hat keinerlei Kompetenzen in der Finanzpolitik, und es ist auch offensichtlich, dass er nicht versteht, was es für China bedeuten würde, würde es seine Reserven zur Hälfte in Dollar anlegen. In diesem Fall würden nämlich die chinesischen Exporte in die USA, die der wichtigste Handelspartner Chinas sind, zusammenbrechen, was definitiv nicht dem Willen der politischen Führung in Peking entspricht.
Alle 10 Jahre wieder
Befürchtungen oder Erwartungen, dass der Dollar seinen Status als globale Leitwährung verliert, sind nicht neu. Sie tauchen etwa alle zehn Jahre auf - üblicherweise in Verbindung mit größeren Abwertungen. In den letzten 30 Jahren hat der Dollar insgesamt vier größere Abwertungsphasen erlebt. Die aktuelle ist seit 2002 im Gang und wurde nach dem Sommer 2005 kurz unterbrochen.
In einer Hinsicht hat der Euro den Dollar bereits überholt: beim Bargeld-Umlauf. Derzeit sind 656 Milliarden Euro an Münzen und Scheinen in Umlauf, im Gegensatz zu 827 Milliarden Dollar. Rechnet man den Dollar-Wert zum aktuellen Wechselkurs um, kommt man nur auf rund 563 Milliarden Euro.
Über den Status einer globalen Reserve-Währung entscheidet aber nicht der Bargeld-Umlauf, sondern wieviele Länder Devisen-Reserven in dieser Währung anlegen. Und hier ist der Dollar nach wie vor unangefochten an der Spitze.
Dollar-Anteil war schon tiefer
Fast zwei Drittel der weltweiten Währungsreserven waren 2006 in Dollar-Werten angelegt (siehe Grafik). Trotz des Dollar-Verfalls im heurigen Jahr hat sich dieser Wert kaum verändert: Für das zweite Quartal 2007 (die letzten verfügbaren Daten) weisen die Statistiken des Internationalen Währungsfonds (IWF) einen Dollar-Anteil von 64,7 Prozent aus, während der Anteil des Euro bei 25,6 Prozent liegt. Der Anteil des Dollar ist zwar seit 1999 rückläufig, Mitte der 90er Jahre lag er aber noch wesentlich tiefer als heute.
Entscheidend für eine Reservewährung sind drei Dinge: Ein großer Anteil am weltweiten Brutto-Inlandsprodukt, ein großer Anteil am weltweiten Handel und gut entwickelte, liquide und offene Finanzmärkte. Beim ersten Punkt liegen die USA vorne (19 Prozent), aber der Anteil der Euro-Zone ist nicht viel kleiner (14 Prozent). Der Anteil am weltweiten Handel ist bei beiden Wirtschaftsräumen etwa gleich groß; beim Finanzmarkt haben die USA bei den meisten entscheidenden Punkten die Nase vorn.
Zukunftsmusik bis 2024
Mehrere Studien haben sich mit der Frage befasst, wann der Euro den Dollar als Reservewährung überholen könnte, vorausgesetzt, der Dollar verliert kontinuierlich an Wert. Eine Studie des amerikanischen National Bureau of Economic Research (NBER) aus dem Jahr 2005 kam etwa zu folgendem Schluss: Wenn der Dollar pro Jahr gegenüber einem Korb der wichtigsten Währungen 3,6 Prozent verliert, während der Euro jährlich 4,6 Prozent gewinnt (diese Zahlen entsprechen der Wechselkursentwicklung in den Jahren 2001 bis 2004), dann könnte der Euro den Dollar im Jahr 2024 als globale Reserve-Währung überholen.
Etwas schneller ginge es, wenn zusätzlich Großbritannien, Schweden, Dänemark sowie alle osteuropäischen Länder den Euro als Währung einführten: Dann wäre der Euro bereits im Jahr 2019 die weltweite Nummer eins. Freilich ist es fast unmöglich, solche Entwicklungen über einen so langen Zeitraum vorherzusagen.