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Debatte um gemeinsame Anleihen beherrschen Debatte im Vorfeld des EU-Gipfels.
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Brüssel. Europa wappnet sich für den schlimmsten Fall: Im Vorfeld des informellen EU-Gipfels in Brüssel wurde bekannt, dass eine Arbeitsgruppe der Euro-Länder die Regierungen aufgefordert hat, nationale Notfallpläne für einen Austritt Griechenlands aus der Währungsgemeinschaft auszuarbeiten. Während das Spiel mit drastischen Szenarien mittlerweile offen eingestanden wird, ringen die Spitzen von EU und Euro-Ländern vor Beginn des Gipfels um ihre Haltung in Sachen Euro-Bonds. Auf den Märkten sorgen die vielen offenen Fragen für Unsicherheit: Das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung sinkt.
Am Mittwoch fiel der Euro auf den tiefsten Stand seit Sommer 2010. Die Angst der Investoren vor unkontrollierbaren Folgen eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone mischte sich mit der Skepsis darüber, ob der EU-Gipfel am Abend für die verworrene Situation konkrete Lösungsansätze aufzeigen könne. Die Gemeinschaftswährung fiel bis auf unter 1,26 Euro, ein weiterer Absturz droht.
"Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist in aller Munde", sagte ein Händler. "Dass selbst Papademos angedeutet hat, dass sich das Land auf einen Austritt vorbereitet, gießt Öl ins Feuer." Der frühere griechische Ministerpräsident Lucas Papademos hatte der Nachrichtenagentur Dow Jones gesagt, dass er einen Austritt seines Landes aus der Euro-Zone für möglich halte.
Nationale Notfallpläne
Viel Vertrauen auf den Märkten dürften die jüngsten Berichte über nationale Notfallpläne vermutlich auch nicht stiften. Jeder einzelne Staat müsse seinen eigenen Plan vorbereiten, sagten zwei Vertreter der Währungsunion der Nachrichtenagentur Reuters. Dies sei am Montag während einer Telefonkonferenz der Arbeitsgruppe, die aus Vertretern aller 17 Euro-Länder besteht und die Treffen der Finanzminister vorbereitet, verabredet worden. "Die Arbeitsgruppe vereinbarte, dass jedes Euro-Land einen Notfallplan vorbereiten sollte für die möglichen Folgen eines griechischen Abschieds vom Euro", sagte ein Vertreter. "Bislang wurde noch nichts vorbereitet auf Ebene der Euro-Zone, aus Angst, dass dies durchsickern könnte."
Auch in der Wirtschaft rüstet man sich für alle Eventualitäten. Der Handelskonzern Metro habe Szenarien entwickelt, die nicht nur das Ausscheiden einzelner Länder, sondern auch einen Ausfall der gesamten Gemeinschaftswährung abbilden, sagte Finanzchef Mark Frese bei der Hauptversammlung in Düsseldorf. Details nannte der Manager nicht. Metro ist in Griechenland, aber auch in anderen südeuropäischen Ländern wie Spanien und Italien vertreten. Konzernchef Olaf Koch unterstrich indes, die Umsatzentwicklung in Italien und Spanien sei durchaus befriedigend.
Zankapfel Euro-Bonds
Ungeachtet dieser Planspiele ringt Europa vor Beginn des Gipfels weiter über eine gemeinsame Haltung in Fragen Eurobonds und Wachstumskurs. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble erteilte einer Einführung von Eurobonds, wie sie vor allem Frankreich und Italien zur Senkung ihre Refinanzierungskosten wollen, erneut eine Absage. Der französische Außenminister Laurent Fabius sieht unterdessen keine unüberbrückbaren Meinungsunterschiede zwischen den Regierungen in Paris und Berlin.
Obwohl sich Bundeskanzler Werner Faymann in der Frage auf die Seite seines Parteifreunds, des neuen französischen Präsidenten Francois Hollande geschlagen hatte, erneuerte Finanzministerin Maria Fekter ihre Ablehnung. Sie habe "kein Verständnis" dafür, dass Österreich höhere Zinsen zahlen müsse.
Schweden tritt auf die Bremse
Schützenhilfe erhielt die deutsche Regierung auch vom schwedischen Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt, der Eurobonds für eine "schlechte Idee" hält. Die Kritiker der Eurobonds pochen auf den EU-Vertrag, der vorsieht, dass kein Staat für die Schulden eines anderen einstehen darf.
Schäuble sagte, gemeinsame Anleihen gäben die falschen Anreize zur Lösung der Schuldenkrise. Die Probleme in Europa könnten nur dann gelöst werden, wenn die Länder, die zu hoch verschuldet seien, ihre Defizite zurückführten.
Ob der heutige informelle Gipfel überhaupt nennenswerte Ergebnisse bringen wird, ist fraglich. Nicht zuletzt äußerte sich die deutsche Regierung verhalten über ihre Erwartungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hoffe bei dem Treffen lediglich darauf, "einen guten Schritt voran" zur Vorbereitung des nächsten formellen Gipfels Ende Juni zu machen. Es lägen derzeit zahlreiche Ideen auf dem Tisch, die alle diskutiert würden. Ob das den Märkten reicht, wird sich allerdings weisen müssen.