Österreichs Anteil verdoppelt sich. | Brüssel. Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone haben sich im Grundsatz auf eine Aufstockung des bestehenden Euro-Rettungsschirms (EFSF) verständigt. Künftig soll die nominale Summe von 440 Milliarden Euro "effektiv nutzbar" sein, sagte Bundeskanzler Werner Faymann nach Ende des Treffens in der Nacht auf Samstag in Brüssel. | Analyse: Ohne Berlin geht es nicht
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Bisher sind nur rund 250 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm tatsächlich nutzbar. Zugleich wurde eine Senkung der Zinsen für Griechenland beschlossen. Die Einigung erfolgte, nachdem auf Druck von Berlin und Paris ein Pakt zur stärkeren wirtschaftspolitischen Koordinierung der Euro-Staaten beschlossen worden war.
Österreichs Beitrag erhöht sich
Faymann sagte, der österreichische Beitrag würde sich von 12,5 Milliarden Euro bzw. der derzeitigen gesetzlichen Ermächtigung in Höhe von 15 Milliarden Euro auf etwa 25 Milliarden Euro erhöhen. Für den dauerhaften Euro-Rettungsschirm (ESM), der ab Mitte 2013 den EFSF ablösen soll, sei grundsätzlich Einigung darüber erzielt worden, dass er eine Darlehenskapazität 500 Milliarden Euro haben soll.
Niedrigere Verzinsung beschlossen
Die Euro-Chefs beschlossen auch eine niedrigere Verzinsung der EU-Notkredite für Griechenland. Wie Faymann berichtete, sei eine Herabsetzung der Zinsen um 1 Prozent oder 100 Basispunkte festgelegt worden. Derzeit zahlt Griechenland für den 80 Milliarden Euro schweren Darlehensrahmen der EU etwas mehr als 5 Prozent Zinsen. Zugleich sei eine Laufzeitverlängerung der Griechenland-Kredite von fünf auf 7,5 Jahre beschlossen worden, sagte Faymann. Im Gegenzug stimmte Athen einem 50 Milliarden Euro schweren Privatisierungspaket zu, wie die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte.
Irland blitzte ab
Der zweite Euro-Patient Irland blitzte dagegen mit seinen Forderungen zunächst ab. Der neue irische Premier Enda Kenny hatte nämlich eine Senkung der Kreditzinsen von derzeit knapp sechs Prozent gefordert, wollte sich aber nicht auf eine Diskussion über den niedrigen Körperschaftssteuersatz (12,5 Prozent) seines Landes einlassen, der vielen EU-Partnern ein Dorn im Auge ist. Während Diplomaten von Wortgefechten zwischen Kenny und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und der deutschen Kanzlerin Merkel berichteten, äußerte sich Faymann diplomatisch. Es müsse in der Frage der Körperschaftssteuern ein "Diskussionsprozess" geführt werden, so Faymann. "Länder, die unter dem Schutzschirm stehen, sind besonders gefordert, Stellung zu nehmen", sagte Faymann in Hinblick auf die EU-Unterstützung für Irland. Merkel zeigte sich nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters zuversichtlich, dass Irland einer Angleichung der Bemessungsgrundlage für die Unternehmenssteuer zustimmen werde. "Was mich optimistisch macht? Irland möchte die 100 Basispunkte Zinserleichterung schon haben."
Thema bei den Beratungen war auch Portugal, das als drittes Land unter den Euro-Schutzschirm schlüpfen könnte. Viele Analysten vermuten, dass Portugal ohne Geldspritze seiner Währungspartner nicht auskommen wird. Auch Finanzminister Josef Pröll (V) drängte Lissabon in einem Interview mit der "Financial Times" zu einer raschen Entscheidung in dieser Frage, zumal es "konkrete Zahlen" gebe, "dass sich das Land in den nächsten Jahren nicht ohne Hilfe refinanzieren kann". Der portugiesische Premier Jose Socrates wollte davon aber beim Euro-Gipfel nichts wissen. "Nur über meine Leiche", sagte er laut einem EU-Diplomaten. Rückendeckung erhielt Lissabon von Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission, die in einer gemeinsamen Erklärung die Reformanstrengungen des iberischen Landes lobten. Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos hatte zuvor eine neue Sparrunde angekündigt.
Bereits am Abend hatten die 17 Euro-Staaten einen gemeinsamen Pakt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit beschlossen. Dabei wurden aber umstrittene Punkte in den Bereichen Lohnentwicklung und Pensionen ausgeklammert. So findet sich die von Deutschland ursprünglich geforderte Abschaffung der Lohnindexierung in dem Text nicht mehr. Bei den Pensionen wird zwar eine nachhaltige Sicherung der Systeme festgeschrieben, ein direktes Eingreifen der EU aber nicht vorgesehen. Als Ziele nennt der "Pakt", der keine Sanktionsmöglichkeiten enthält, auch Investitionen in Bildung, Forschung, Entwicklung, Innovation und Infrastruktur. Konkrete Zusagen würden von den EU-Staaten selbst ausgesucht, hieß es in Ratskreisen.
Kanzler Faymann äußerte sich zufrieden mit dem "Pakt für den Euro". Er betonte, dass weiterhin kein Land in wirtschaftspolitischen Fragen zu etwas gezwungen werden könne. Insbesondere seien die autonomen Tarifverhandlungen der Sozialpartner hervorgehoben. Auch die Frage der Pensionen sei im Sinne Österreichs angesprochen worden. Hier hatte es Vorschläge gegeben, ein einheitliches Pensionsalter innerhalb der Europäischen Union anzustreben. Erfreut äußerte sich der SPÖ-Chef, dass eine Reihe von Staaten die österreichische Idee einer Finanztransaktionssteuer unterstützt hätten. Konkret nannte er Frankreich, Deutschland, Portugal, Spanien, Griechenland und die Slowakei. Skeptisch habe sich Italien geäußert.