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Euro: Sag zum Abschied leise Servus!

Von Michael Hörl

Gastkommentare

Der junge Euro ist als gemeinsame Währung Europas gescheitert. Nur noch eine innereuropäische Völkerwanderung kann ihn jetzt noch retten.


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Die Euro-Konstrukteure haben in ihrem Idealismus etwas Entscheidendes vergessen: Eine Währung, die "gleiche" Ökonomien mit "gleich" innovativen, "gleich" arbeitenden Konsumenten, Unternehmern und Erfindern verbindet, funktioniert nur, wenn tatsächlich alle "gleich" sind. Obwohl die USA bereits im Jahr 1783 ihre Unabhängigkeit erlangten, schuf erst der "National Banks Act" im Jahr 1864 - also 81 Jahre später - den heutigen Dollar. 1913 entstand das US-Zentralbanksystem Fed (Federal Reserve). Was in den USA 130 Jahre brauchte, hat man in Europa in 20 Jahren durchgepeitscht. Erst das "Nation Building" durch die hohe Mobilität lässt US-Bürger in Florida heute ähnlich konsumieren wie in Alaska. Kalifornien hat so viele Existenzgründer wie New York, und in Chicago arbeitet man nicht weniger als in Houston.

Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg. Er hat Europas erstes "Globalisierungskritik-kritisches" Buch geschrieben: "Die Finanzkrise und die Gier der kleinen Leute".

Wohlstand im Ländle, Armut im Athen

Schwaben wird immer reich sein, weil es dort viele Tüftler gibt. Die ersten Solar-Start-Ups gab es im sonnenarmen Berlin - von Förderprogrammen war da noch keine Rede. In Griechenland hat sich bis heute kein einziger Solar-Erfinder gefunden - trotz doppelt so hoher Sonneneinstrahlung und vollen EU-Fördertöpfen. Niemand hindert Griechen am Tüfteln oder an Firmengründungen. Weil sie aber nicht weniger verdienen wollten, nur weil sie weniger innovativ arbeiteten, mussten ihre Staaten über höhere Transferleistungen die Einkommenslücke schließen - unglücklicherweise auf Pump.

Man brauche sich vor Griechenlands Pleite nicht zu ängstigen, weil es nur 2 Prozent des EU-BIP ausmacht, heißt es. Mit Portugal kommen aber weitere 2 Prozent dazu. Und Frankreich? Erinnert sich keiner mehr daran, als Franzosen oder Italiener die geringere Qualität ihrer Autos mit der jährlich ritualisierten Abwertung ihrer Währungen kompensierten? Mit dem Euro geht das heute nicht mehr. Folgerichtig müsste man deren Löhne in der Höhe ihres Produktivitätsrückstandes absenken - oder mehr arbeiten. Griechenland und Frankreich haben aber soeben das gegenteilige Programm gewählt.

Wandern oder Untergang - die EU als echte Gemeinschaft

Die bisherige Klammer zwischen Nord und Süd, nach der "Deutschland das bezahlen wird", ist den dortigen Bundesbürgern nicht mehr zumutbar. Nach der Rückkehr zu alten (sofort abgewerteten) Schwachwährungen ist die Binnenwanderung in der Europäischen Union auszubauen. Die Grenzen sind zu öffnen. Es braucht "eine" EU-Armee, "einen" EU-Präsidenten mit einem "echten" Parlament. Dazu EU-Wahlen, bei denen tatsächlich etwas gewählt wird, und ein mehrsprachiges Schul- und Verwaltungssystem - ähnlich jenem der Schweiz.

Nicht die Verteilung hunderter Milliarden Euro an Fördermitteln wird Europa einen, sondern die Schaffung "des Europäers" - mit regionalem Einschlag. Erst wenn es in Griechenland genügend Tüftler gibt und in Schwaben lebensfrohe Gastgeber, wird "der Europäer" für gleichförmigen Wohlstand in "dem Europa" sorgen. Und dann erst macht Europas Gemeinschaftswährung einen Sinn.