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Eurobonds - und die Kommission lässt nicht locker

Von Erhard Fürst

Gastkommentare
Erhard Fürst war Leiter der Abteilung Industrie- und Wirtschaftspolitik in der Industriellenvereinigung.

Österreich sollte sich voll hinter die ablehnende Haltung Deutschlands zur frühzeitigen Einführung von Eurobonds stellen.


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Die Europäische Kommission lässt nicht locker und startet eine neue Initiative für die Ausgabe von Eurobonds beziehungsweise - mit kürzerer Laufzeit versehen - Eurobills. Das sind gemeinsame Staatsanleihen aller Euroländer, für die diese nach einem (auf der Stärke der einzelnen Volkswirtschaften basierenden) Aufteilungsschlüssel auch gemeinsam haften.

Präsident Barroso, ein Verfechter der Eurobonds, hat eine hochrangige Arbeitsgruppe eingesetzt, um die Chancen und Risiken einer solchen Lösung zu untersuchen. Für Österreich sehr ehrenhaft: Die Arbeitsgruppe wird unter der Leitung von Gertrude Tumpel-Gugerell stehen, ehemals Vizegouverneurin der Oesterreichischen Nationalbank und Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank.

Auf den ersten Blick wären Eurobonds ein wirkungsvolles Instrument zur leichteren Bewältigung der exzessiven Staatsverschuldung von Euroländern. Da Staaten wie Deutschland, die Niederlande oder Österreich mithaften, müssten auf Eurobonds wesentlich geringere Zinsen gezahlt werden, als sie der Markt von hochverschuldeten Ländern verlangt. Das würde deren Zinsendienst deutlich reduzieren, aber aufgrund der haftungsbedingten Verschlechterung der Bonität die Zinslast für Länder mit sehr gutem Rating erhöhen. Laut IFO-Institut könnten die Mehrkosten für Deutschland gut 40 Milliarden Euro jährlich betragen.

Viel schwerer wiegt allerdings, dass eine solche Haftungsgemeinschaft den Anreiz für hochverschuldete Länder, ihren Staatshaushalt in Ordnung zu bringen und notwendige Strukturreformen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit durchzuführen, deutlich reduzieren würde. Und die Bereitschaft, die mit Finanzhilfen verbundenen Vereinbarungen zu honorieren, war bei einigen Ländern schon ohne Eurobonds nicht überwältigend hoch.

In der Praxis kann kein Euroland wirkungsvoll gezwungen werden, solche Verträge auch einzuhalten. Was tun, wenn sich keine demokratisch legitimierte, arbeitsfähige Regierung findet, wenn die Bevölkerung im wahrsten Sinne des Wortes "streikt"? Anders ausgedrückt, es gibt reale Risiken, dass die starken Euroländer letztlich zur Kasse gebeten werden. Die Übernahme solcher im Extremfall existenzgefährdender Risiken wäre rechtlich wohl nur aufgrund einer Volksabstimmung möglich. Tatsächlich hieße die Einführung einer Haftungsunion unter der gegenwärtigen Verfasstheit der Eurozone den zweiten Schritt vor dem ersten zu setzen. Erst in einer politischen Union ohne wirtschafts- und finanzpolitische De-facto-Souveränität der teilnehmenden Staaten macht eine gemeinsame Schuldengestion Sinn. Übrigens sind es im Gegensatz zu Deutschland gerade schwächere Länder, wie Frankreich oder Spanien, die besonders auf ihre Souveränitätsrechte pochen.

Österreich sollte jedenfalls nicht den solidarischen "good guy" spielen, sondern sich voll hinter die ablehnende Haltung Deutschlands zur frühzeitigen Einführung von Eurobonds (ebenso wie eines vergemeinschafteten Banken-Krisenfonds) stellen.