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Eurofighter: Die Schießbefehl-Debatte öffnet die Büchse der Pandora

Von Ina Weber

Analysen

Jetzt haben wir sie, die Eurofighter, und damit auch das nötige Rüstzeug, um diverse Bedrohungen aus der Luft abzuwehren. Österreich ist ja als neutrales wie auch als Schengen-Land dazu verpflichtet, seinen Luftraum zu verteidigen.


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Doch was passiert wirklich, wenn ein entführtes Passagierflugzeug im Harakiri-Anflug auf Wien gelenkt wird? Darf es abgeschossen werden? Wer kann den Befehl dazu geben? Dürfen die Passagiere zugunsten der Bewohner geopfert werden?

Die Debatte wirft mehr Fragen als Antworten auf. Da das Thema heikel ist, verwundert es nicht, dass Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) und Innenminister Günther Platter (ÖVP) streiten, wer den Befehl für den Abschuss geben muss. Denn keiner sieht sich zuständig - ein ungewöhnlicher negativer Kompetenzkonkflikt. Die ÖVP will sich darüber noch keine Gedanken machen - "Malen wir den Teufel nicht an die Wand", sagte Platter. Darabos lässt die Zuständigkeiten nun prüfen.

Andere Länder haben sich bereits klar festgelegt. Abgeschossen werden darf etwa in der Schweiz, in Frankreich, in Großbritannien, in Tschechien, in den USA und in Russland. In Deutschland hingegen wurde ein Gesetz, welches den Abschuss erlaubt hätte, von den Verfassungsrichtern wieder aufgehoben. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sprach sich aber zuletzt wieder für eine Abschuss-Erlaubnis aus - und kam deshalb politisch stark unter Druck.

Auch die hiesigen Verfassungsjuristen sind unterschiedlicher Meinung. Viele sagen, dass ein Abschussbefehl insgesamt unzulässig wäre. Sie berufen sich auf die Menschenrechtskonvention: Jedermann hat das Recht auf Leben.

"Doch aus Notsituationen heraus darf man schießen", sagt hingegen Bernhard Raschauer zur "Wiener Zeitung". "Sonst dürfte es kein Waffengebrauchsgesetz geben und die Polizei dürfte keinen tödlichen Schuss abgeben." Es sei eine Abwägungsfrage, die schwer in gesetzliche Form gegossen werden kann. In der Verfassung (Artikel 79) sei klar geregelt, dass nur der Verteidigungsminister den Abschussbefehl geben kann.

Wer auch immer den Befehl letztlich gibt, die moralisch-philosophische Frage wird unbeantwortet bleiben. Der Staat darf kein Leben vernichten, sagen Menschenrechtler. Doch wenn ich Tausende retten kann und dafür Hundert opfern muss? Der Rechtsphilosoph Christian Stadler am Juridicum in Wien warnt davor, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. "Wenn ich einmal zuschlage, löst das einen Domino-Effekt aus. Dann geht es irgendwann Auge um Auge, Zahn um Zahn." "Dann begibt man sich auf Augenhöhe mit den Terroristen. Das ist die Tragödie der Situation." Der Rechtsstaat müsse alles unternehmen, um die Würde des Menschen zu wahren.

Zumindest die Zuständigkeit wird aber wohl bis zur Fußball-Euro 2008 geklärt werden müssen.