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Europa braucht Energie

Von Paul Schmidt

Gastkommentare
Paul Schmidt ist Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik.

Österreich könnte sich als Drehscheibe der europäischen Gasversorgung positionieren.


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Ohne Energie läuft in Europa gar nichts. Um die Energieversorgung abzusichern, schlägt die EU-Kommission die Schaffung einer Energieunion vor. Innerhalb der nächsten fünf Jahre möchte sie einen internen Energiemarkt auf die Beine stellen, die Energienachfrage reduzieren und den europäischen Energiemix decarbonisieren.

Ziel ist das "Ineinandergreifen" dieser Teilbereiche; der geplante Investitionsfonds von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker soll als finanzielle Basis dienen. Auf dem Weg zur europäischen Energiewende gibt es jedoch einige Hürden zu überwinden.

Bis dato wird mehr als die Hälfte der benötigten Energie aus Drittstaaten importiert. Mehr als 75 Prozent des Energiebedarfs werden mit Gas, Erdöl und Kohle abgedeckt. Obendrein zählt Russland zu den wichtigsten Rohstofflieferanten, vor allem für die baltischen und osteuropäischen EU-Staaten. Auch Österreich deckt die Hälfte seines Gasbedarfs mit russischen Lieferungen ab. Die "Interkonnektivität", der grenzüberschreitende Energieaustausch innerhalb der EU, lässt jedoch nach wie vor zu wünschen übrig.

Die Wahl des Energiemixes ist ebenso nach wie vor eine nationale Angelegenheit. Die Schaffung eines gemeinsamen Energiemarktes setzt aber einen teilweisen Souveränitätstransfer voraus, den bis dato noch kein EU-Mitgliedstaat ernsthaft diskutiert.

Ganz im Gegenteil. Während Deutschland seine Energiewende einleitet, wird in Großbritannien die Atomenergie als alternative Energieform positioniert und gefördert. Österreich befürchtet zu Recht, dass durch den britischen Vorstoß auch andere Staaten ihre Atomkraftwerke neu aufrüsten und AKW-Abschaltungen verschieben könnten.

Neben den politischen Differenzen gibt es auch noch etliche technische Herausforderungen. Dazu zählen zum Beispiel die hohe Energienachfrage und die Steigerung der Energieeffizienz. Insbesondere Gebäudesanierungen, bessere Motoren und Kraftstoffe für den Verkehr, aber auch "intelligente Energienetze" spielen hier eine entscheidende Rolle. Die staatlichen Lenkungsmöglichkeiten sind hingegen enden wollend, auch haushaltspolitische Zwänge wirken sich aus.

Die EU-Kommission möchte letztlich auch das Emissionshandelssystem der Europäischen Union reformieren und einen entsprechenden CO2-Preis in ganz Europa durchsetzen. Ein zu niedriger Preis hat in der Vergangenheit keinen wirklichen Anreiz für einen Wechsel zu CO2-armen Technologien dargestellt.

Dennoch wurde das System als zusätzlicher Kostenfaktor kritisiert. Daher müssen Energie- und Kostenfragen ins Zentrum von Wirtschafts- und Innovationspolitik rücken. Die im Dezember stattfindende Klimakonferenz in Paris könnte bezüglich globaler Emissionsreduktionen mehr Klarheit schaffen.

Die Realisierung einer europäischen Energieunion setzt voraus, dass die EU-Mitgliedstaaten ihre internen Differenzen überwinden und sich zu gemeinsamen, verbindlichen Zielen verpflichten. Dabei ist die Energiewende im Kampf gegen den Klimawandel unersetzbar und stellt für Europa eine Chance dar, dringend notwendige Wachstumsimpulse zu setzen.