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Europa braucht Tatkraft

Von Beate Meinl-Reisinger

Gastkommentare
Beate Meinl-Reisinger ist Klubobfrau der Neos.

Eine souveräne Union muss verteidigungsfähig sein.


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Wladimir Putins Angriffskrieg auf die Ukraine stützt sich auf ein wesentliches Kalkül: Die EU ist schwach. Wie passiv die EU-Außenpolitik in geopolitischen Fragen war, zeigte sich in den Wochen vor der Invasion mehr als deutlich. Die Rolle, die einzelne europäische Staatschefs einnehmen konnten, war die des Vermittlers zwischen amerikanischen und russischen Interessen. Ob Putins Kalkül aufgeht, bleibt abzuwarten - die EU zeigt zumindest hinsichtlich der massiven Sanktionen gegenüber Russland Geschlossenheit.

Mit dem aggressiven Akt des russischen Angriffs auf die Ukraine wurde mit einem Strich die politische Ordnung, die wir in Europa seit dem Fall des Eisernen Vorhangs gesehen haben, vom Tisch gewischt. Putin spricht der Ukraine das Recht auf Selbstbestimmung ab und richtet sich damit nicht nur gegen die Selbstbestimmung der Ukraine als freie Demokratie westlicher Prägung, sondern gegen die gesamte EU. Seit der Annäherung der Ukraine an die EU, der Maidan-Bewegung und dem Assoziierungsabkommen ist die Ukraine ein Teil der europäischen Wertegemeinschaft. Es geht um nichts weniger als um die Sicherheit Europas - und damit Österreichs -, die jetzt in der Ukraine entschieden wird. Genau deshalb gibt es in dieser Frage keine Neutralität. Es geht um die Souveränität und Selbstbestimmung der EU an sich.

Gerade die Rechten, aber auch Teile der Linken, die gerne von Freiheit und Frieden reden, sollten entweder ihre eigentlichen Motive offenlegen oder ihre Naivität ablegen. Gerade jetzt braucht es klare Worte gegenüber jenen, die willfährige Erfüllungsgehilfen von Desinformations- und Destabilisierungskampagnen aus Russland sind. Die Rechten in Europa - in Österreich die FPÖ - haben ein sehr kindisches Verständnis von Freiheit, wenn es ausschließlich um das Nicht-Tragen von Masken geht. Wenn die Freiheit der Menschen - also Selbstbestimmung, Demokratie, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit - aber wirklich auf dem Spiel steht, dann ducken sie sich weg. Die Rechten sind keine Vertreter der Freiheit, sie sind Verräter der Freiheit.

Gerade auch jene, denen die Abhängigkeit Europas von der Nato und damit den USA in sicherheitspolitischen Fragen ein Dorn im Auge ist, müssten doch entschlossen für eine souveräne europäische Sicherheit- und Verteidigungsarchitektur eintreten. Und dazu zählt selbstverständlich die Wehrfähigkeit und damit ein EU-Heer. Die massiven Sanktionen, die die EU beschlossen hat, sind richtig - hier steht Europa auch geschlossen zusammen. Einigkeit fehlt aber über die Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa.

Europa steht am Scheideweg. Entweder stehen wir zusammen, treten für unsere Entscheidungen selbstbewusst ein, sind handlungs- und entscheidungsfähig. Dann müssen wir aber auch ein gemeinsames EU-Heer und echte Wehrhaftigkeit auf den Weg bringen. Oder wir scheitern an kleinlichen Egoismen, die über das große Ganze gestellt werden. Am Verhandlungstisch zählt das militärische Potenzial mindestens genauso wie die wirtschaftlichen Hebel.

Es ist Zeit zu handeln. Wir stehen auf der Seite der Ukraine. Wir tun das für die Freiheit. Für Europa. Für Österreich.

Jeden Dienstag lesen Sie an dieser Stelle den Kommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.