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In den ersten Wochen des Jahres 2011 dominieren erstmals seit längerem nicht Wirtschaftsschlagzeilen, sondern politische Ereignisse in Nordafrika sowie im Nahen und Mittleren Osten die Meldungen. Die Diskussionen über Staatsverschuldung und Rettungsschirme, über die Neuordnung des internationalen Bankensystems und die Installierung einer europäischen Wirtschaftsregierung verlaufen derzeit im Schatten der politischen Agenda.
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Weniger im Rampenlicht zu stehen als zuletzt, ist eine Chance für die Wirtschaft und die mit ihr befasste Politik, um diese großen offenen Fragen zügig und konsequent Lösungen zuzuführen. Der Wille dazu scheint vorhanden, diesseits als auch jenseits des Atlantik. Jetzt geht es darum zu handeln, nicht nur im Interesse der Wirtschaft, sondern vor allem zur Sicherung der Zukunft der Menschen in den reifen Volkswirtschaften.
Aus der Sicht der europäischen Wirtschaft tritt dabei ein Thema in die entscheidende Phase, das die Position Europas im weltweiten Wettbewerb der nächsten Jahrzehnte maßgeblich mitbestimmen wird: die Energie- und Klimapolitik. Sollte Europa ab 2013 seine Vorreiterrolle im Klimaschutz ohne vergleichbares Kommittment der übrigen wesentlichen Wirtschaftsregionen der Welt weiter massiv ausbauen, bedeutet dies endgültig den Beginn einer schleichenden Entindustrialisierung des "alten" Kontinents. Traditionell sind die Umweltauflagen in Europa generell und in Österreich im Besonderen strenger als anderswo.
Der damit verbundene Zertifikatehandel stellt in einzelnen Branchen schon heute einen zusätzlichen Nachteil im globalen Wettbewerb dar. Die Pläne der EU-Kommission zur weiteren Verschärfung sind vor allem unter zwei Aspekten kritisch zu hinterfragen: Ist es umweltpolitisch sinnvoll, sich als Verursacher von ganzen 14 Prozent des globalen Ausstoßes an CO2 zu einer Umweltgesetzgebung zu bekennen, die Teile der Wirtschaft zugunsten jener übrigen 86 Prozent in Frage stellt, die sich nicht einmal zu den bestehenden europäischen Umweltstandards verpflichten? Zum anderen stellt sich die Frage, ob es unter gesellschaftspolitischen, sozialen, aber auch moralischen Aspekten tatsächlich richtig ist, die Zukunft in überproportionaler und unreflektierter Form nur dem Umweltschutz zu unterwerfen.
Er stellt zweifellos einen zentralen Teil unseres Wertesystems dar, zu dem sich die Industrie bekennt. Ist es aber wirklich vertretbar, dadurch andere Grundwerte wie Beschäftigung, soziale Sicherheit und Wohlstand für die Zukunft in Frage zu stellen? Die schwache wirtschaftliche Situation jener Ländern, die in den vergangenen 30 Jahren vor allem auf den Dienstleistungsbereich gesetzt haben, sollte uns ein warnendes Beispiel sein. Eine angemessene Balance zwischen den Grundwerten unseres Daseins ist ein Gebot der Zukunft.
Wolfgang Eder ist Vorstandsvorsitzender der Voestalpine AG.