Geschäftsklima in Deutschland schlecht, Rezession aber eher unwahrscheinlich. | Abkühlung in Italien und Spanien. | München. Das Stimmungsbild, das große europäische Volkswirtschaften derzeit abliefern, passt zur Wetterlage: Mit Niederschlägen ist zu rechnen.
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In Deutschland und Italien erwarten die Unternehmen eher matte Geschäfte. So ist der ifo-Index, eine Art Frühwarnsystem der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland, seit Anfang 2007 auf Talfahrt. Im Juli hat sich dieser Abwärtstrend weiter verstärkt.
Konjunktureller Abstieg
"Die Unternehmen rechnen mit einem schwächeren Geschäftsverlauf im kommenden halben Jahr", erklärte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Donnerstag in München: Der Index fiel von 101,2 auf 97,5 Punkte - um einiges stärker, als Analysten erwartet hatten.
Das Münchner Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) befragt Monat für Monat an die 7000 Firmen aus der Verarbeitung, dem Bauwesen, dem Groß- und Einzelhandel nach ihrer Auftrags- oder Geschäftslage sowie nach den Erwartungen für die nächsten sechs Monate.
Zwar gilt der ifo-Index nur für Deutschland, er wird aber als wichtiger Indikator für die Eurozone betrachtet. Deshalb brachte der unerwartet starke Rückgang den Euro unter Druck: Die Gemeinschaftswährung sank auf 1,5665 Dollar, nachdem sie davor knapp unter 1,57 Dollar gelegen hatte.
"Der konjunkturelle Gipfel liegt hinter uns, das Wachstum verlangsamt sich spürbar", stellte ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger fest: "Eine Rezessionsgefahr sehe ich aber nicht." Die Industrie erwartet laut ifo, dass ihre Ausfuhren nicht mehr so stark wachsen: Querbeet verliere der Export an Schwung. Auch im Maschinenbau habe sich die "fantastische" Entwicklung normalisiert, sagte Abberger.
Die hohe Inflation verhindert, dass der private Konsum in Schwung kommt: "Sie belastet die Geldbeutel der Deutschen enorm", stellte Marco Bargel, Analyst der Postbank, fest. Unicredit-Chefvolkswirt Andreas Rees sagte: "Der ifo-Index fällt wie ein Stein, und das Schlimmste könnte noch kommen." Eine Rezession sei nicht absehbar, aber das Risiko sei gewachsen. Nach gängiger Definition müsste man von einer Rezession sprechen, wenn die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge nicht steigt.
Spanien: Ausblick mau
Schon zum zweiten Mal binnen weniger Monate musste die spanische Regierung ihre Wachstumsprognose kräftig herunterschrauben. In diesem Jahr wird nun mit einem Wachstum von 1,6 Prozent gerechnet. Für das kommende Jahr erwartet Madrid gar nur einen Zuwachs von einem Prozent. Auch die Arbeitslosigkeit dürfte heuer auf 10,4 Prozent und bis Ende 2009 auf 12,5 Prozent steigen. Spaniens Ministerpräsident José Luis Zapatero will deshalb bis 2010 rund 60 Milliarden Euro zum Kampf gegen die Wirtschaftskrise im Land bereitstellen. Zehn Milliarden Euro sollen die Situation von Familien mit geringem Einkommen verbessern.
Das Wachstum in Spanien hat sich nach dem Platzen einer Immobilienblase kräftig abgekühlt, worunter besonders die Bauwirtschaft leidet.
Auch in Italien ist die Stimmung der Unternehmer schlecht - ein dem ifo-Index vergleichbarer Wert des Institutes ISAE in Rom fiel im Juli von 86,7 auf 83,5 Zähler. Schlechter war die Stimmung zuletzt im Oktober 2001 nach den Anschlägen vom 11. September. Die Experten hätten eigentlich nur mit einen leichten Rückgang auf 86,5 Zähler gerechnet. Italiens Wirtschaftsdaten lassen auf einen markanten Abschwung schließen.