Hunderte Interviews mit den letzten KZ-Überlebenden wurden wissenschaftlich aufgearbeitet und jetzt präsentiert.
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Wien. "Europa in Mauthausen" heißt ein vierteiliges Buchprojekt, zwei Bände liegen jetzt dem Publikum vor. Es handelt sich dabei um ein Mammutwerk, die laufenden Arbeiten wurden vor zwanzig Jahren begonnen, 60 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 19 Ländern haben daran mitgewirkt. Zentral an der Reihe beteiligt ist der mittlerweile emeritierte Universitätsprofessor für Zeitgeschichte, Gerhard Botz.
Zwischen 1938 und 1945 waren in Mauthausen und seinen 49 Nebenlagern rund 200.000 Menschen aus mehr als 70 Nationen interniert, knapp die Hälfte von ihnen wurde ermordet oder starbe in Folge der grausamen Haftbedingungen. Das "Mauthausen Survivors Documentation Projekt" sammelte 859 Audio- und Video-Interviews mit Ex-Gefangenen. Von den interviewten Zeitzeugen sind mittlerweile nur noch ganz wenige am Leben.
Das Projekt zeigt, wie in Mauthausen Menschen aus ganz Europa inhaftiert, drangsaliert und ermordet wurden. Im ersten Band "Mauthausen und die nationalsozialistische Expansions- und Verfolgungspolitik" wird ein detaillierter Überblick über die KZ- und die Mauthausen-Forschung und über das Oral-History-Projekt gegeben. Der zweite Band "Deportiert nach Mauthausen" geht den Umständen nach, unter denen Häftlinge aus allen Himmelsrichtungen nach Mauthausen gebracht wurden.
So war die Kennzeichnung der Nationalität auf der Kleidung der Häftlinge für die Überlebenschancen maßgeblich. Häftlinge mit slawischer Muttersprache waren weitaus schlechter gestellt als andere. Kriegsgefangene aus der Sowjetunion konnten in der Regel nur kürzeste Zeit überleben. Norwegische und dänische Häftlinge - auch das wird in Band 2 ausführlich behandelt - überlebten zu etwa 90 Prozent. Das deshalb, weil sie den Nazis als "rassisch höherwertig" galten.
Band drei der Reihe soll einen vertiefenden Blick in die Bedingungen von Leben und Überleben in Mauthausen bieten. Der abschließende vierte Band behandelt das Weiterleben nach dem KZ und die jeweiligen Erinnerungs- und Erzählkontexte, aus denen heraus die Berichte der Überlebenden entstanden sind.
Die Aufarbeitung läuft
Dass der Oberste Gerichtshof Holocaust-Überlebenden zuletzt in einer Auseinandersetzung mit der rechtsextremen Zeitschrift "Aula" recht gegeben hat, zeigt, dass die Aufarbeitung der begangenen Verbrechen nicht abgeschlossen ist. Der Gerichtshof attestierte Unterinstanzen einen Gesetzesverstoß, weil sie Klagen wegen diffamierender Äußerungen in einem "Aula"-Artikel abgewiesen haben.
Die Entscheidung hat zwar keine rechtlichen Folgen, für die KZ-Überlebenden bedeutet sie aber Gerechtigkeit. Geklagt hatten - unterstützt durch die Grünen und die Anwältin Maria Windhager - elf KZ-Überlebende, angeführt von dem vergangenen November 97-jährig gestorbenen Aba Lewit. Auch drei weitere Kläger sind mittlerweile nicht mehr am Leben.
Für die verbliebenen sieben KZ-Überlebenden war die Klarstellung wichtig, dass man Mauthausen-Befreite nicht ungestraft als "Landplage" und "Massenmörder" bezeichnen darf, die "raubend und plündernd, mordend und schändend" durch das Land gezogen seien. Jahrelang war der Versuch gescheitert, medienstrafrechtlich gegen diese Diffamierung durch zwei "Aula"-Artikel 2015/16 vorzugehen.
Für Irritation sorgte zuletzt, dass die Mauthausen-Befreiungsfeier 2021 ohne Beteiligung der ÖVP-Regierungsmitglieder stattfand. Der ÖVP-Abgeordnete Martin Engelberg meinte, die Veranstaltung werde "parteipolitisch missbraucht". Laut Ö1-Bericht hätten Engelberg rote Fahnen von Antifaschisten, auf denen "nie wieder" stand, gestört.
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