Zum Hauptinhalt springen

Europa ist kein Ersatz für die USA im Nahost-Friedensprozess

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Die Worte hört man wohl, allein mit dem Glauben ist es bekanntlich so eine Sache. Nachdem die USA daran gescheitert sind, den Siedlungsbau Israels zu stoppen, werde die EU eine "sicher stärkere Rolle" erhalten, meinte Außenminister Michael Spindelegger. | Das klingt schön und es ist ein Labsal für das geschundene Selbstbewusstsein Europas, das seit dem Zweiten Weltkrieg versucht, aus dem weltpolitischen Schatten der USA zu treten. Hält man sich jedoch die Reaktionen in Israel als Spiegel vor Augen, so gewinnt man den Eindruck, dass es sich mehr um einen Wegweiser handelt, wie Europa einmal sein sollte.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

In israelischen Regierungskreisen hält man das Engagement Europas in Nahost derzeit für wenig erfolgversprechend: Da heißt es etwa, dass heute der große Unterschied Europas zu früher der sei, dass man statt 27 Ansprechpartnern nun 28 habe, da zusätzlich auch noch die Beauftragte aus Brüssel etwas zu melden habe. Von einer einheitlichen Linie sei die EU noch meilenweit entfernt.

In der EU selbst trägt man sein Scherflein dazu bei, diesen Eindruck zu untermauern. Da liefern sich europäische Außenminister ein Wettrennen darum, wer als Erster zu Gesprächen nach Israel fährt. Bei diesen Treffen weichen die Länder - glaubt man den Israelis - jeweils sogar von der als EU-Linie präsentierten Position ab. Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU funktioniert eben doch nicht so ganz.

Abseits der internen Abstimmungsprobleme kommen Europäer für Israel nach wie vor von der Venus und die USA vom Mars. Diese Ansicht spiegelt durchaus die aktuelle Situation wider, denn die Union kann Israel weder die Waffen noch die Sicherheit bieten, die die USA gewährleisten. Ein Grund mehr für Israel, sich nicht an die EU zu halten.

Irgendwie haben sogar Brasilien und Argentinien ein stärkeres Auftreten als Europa, wenn sie einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 anerkennen - so hasardös dieses Vorgehen auch ist. Europa hingegen liefert nicht Fisch und nicht Fleisch: Von Schwedens Außenminister Carl Bildt heißt es, sein Land sei zu dieser Anerkennung bereit, aber eben jetzt noch nicht. "Wir wären froh, das zu tun, wenn die Bedingungen erfüllt sind", sagte Bildt.

Das soll nicht heißen, dass Europa völlig überflüssig ist im Nahost-Friedensprozess. Doch ist derzeit die weiche Politik dessen Betätigungsfeld. Dazu gehört beispielsweise die Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen oder der Einsatz für die Gewährleistung humanitärer Hilfe.

"Europa soll aufhören, sich für die USA zu halten", sagte vor kurzem ein ranghoher israelischer Regierungsvertreter. Auch in der EU hört man solche Töne. Die Führung der Friedensverhandlungen wird auch weiterhin bei den USA liegen, erklärte der britische Außenminister Hague und hat damit wohl recht.