Wieder keine Einigung im Streit um die Begrenzung von Banker-Bonuszahlungen.
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Brüssel/Washington. Sie sind das Kernstück der neuen Finanzmarktarchitektur: die strengeren Kapitalvorschriften für die Banken. Weil das zuständige Komitee, der Basler Ausschuss, in der Schweiz sitzt und es sich um die dritte Fassung handelt, sind diese global unter dem Namen "Basel III" bekannt.
Die Umsetzung ist weltweit auf einem guten Weg, sagt Nicolas Véron, Experte der Denkfabrik Bruegel und derzeit Fellow am Peterson-Institute in Washington, zur "Wiener Zeitung". Von 27 Basel-Mitgliedern hätten 11 schon die Umsetzung begonnen: Australien, Kanada, China, Hongkong, Japan, Mexiko, Saudi-Arabien, Singapur, Südafrika und die Schweiz; Indien beginnt ab April. Was die größten Finanzmärkte EU und USA betrifft, so sei die Wahrnehmung in Europa bemerkenswert verzerrt, sagt Véron: Der alte Kontinent sieht sich selbst als Musterschüler und bezweifelt, dass die Vereinigten Staaten die Regeln adäquat und zeitgemäß umsetzen. Schließlich hätten die USA schon dem Vorgängerregime "Basel II" die Zustimmung verweigert.
"Im Rückblick betrachtet war das gar keine so unkluge politische Entscheidung, weil ,Basel II‘ die Krise verschärft hat", sagt Véron. "Die Europäer unterschätzen zudem den Pragmatismus der US-Aufsichtsbehörden: Wovon sie überzeugt sind, das setzen sie um. Und bei ,Basel III‘ haben sie führend mitgearbeitet." Allenfalls könnte es im US-Kongress zu Verzögerungen kommen - aus heutiger Sicht rechnet Véron aber mit einer Umsetzung noch 2013.
Das wäre fast zeitgleich mit der EU, bei der am Dienstagabend die finalen "Trilog-Verhandlungen" zwischen EU-Parlament, Kommission und dem Rat als Vertreter der Mitgliedstaaten weiterliefen. Zu der erwarteten Einigung ist es allerdings nicht gekommen: Der EU-Rat widersetze sich einer Übereinkunft zu den Boni, so der Chefverhandler des EU-Parlaments, dessen Vizepräsident Othmar Karas (ÖVP). Ein nächster Termin sei für 27. Februar angesetzt. Sollte es dann wieder keine Einigung geben, werde das EU-Parlament bisherige Kompromisse im Plenum abstimmen.
Bonusregel "wenig effizient"
Die Banker-Boni hatten bereits in der Vergangenheit für viel Aufmerksamkeit gesorgt: Auf Betreiben des EU-Parlaments sollen diese im Zuge der "Basel-III"-Verhandlungen gedeckelt werden. Das soll besonders risikoträchtiges Verhalten von Bankmitarbeitern verhindern. Der vorliegende Kompromiss sieht vor, dass Boni das jährliche Grundgehalt nicht übersteigen. Nur wenn die Aktionäre das ausdrücklich beschließen, dürften Bonuszahlungen das Doppelte ausmachen. Die Globalisierungskritiker von Attac halten das für Kosmetik. Wichtiger wäre es, die ständige Verschiebung und drohende Aufweichung der Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften zu verhindern.
Auch Véron ist skeptisch: Für die Krise sei weniger die Risikofreude der Trader in den Handelsräumen verantwortlich gewesen, sondern Fehler in den Kontrollabteilungen der Banken. Er glaubt nicht, dass die Bonusregel sehr effizient sein wird - es ließen sich etliche Ausweichmöglichkeiten finden. Das "Handelsblatt" berichtete, dass Deutschland den Briten, die die Bonusdeckelung ablehnen, Wege aufgezeigt haben soll, wie sie diese für Banker der Londoner City umgehen könnten: Sie müssten diese nur in ehemaligen Kolonien wie Hongkong anstellen und zurück "verleihen". In Österreich verdienten laut Finanzmarktaufsicht 2011 nur zwölf Bankchefs mehr als eine Million Euro Fixgehalt samt Bonus.
Dass sich die Eu als Vorreiter sieht, dazu bestehe jedenfalls Véron zufolge kein Anlass: Die EU-Umsetzung von "Basel III" falle in zwei Punkten hinter die Vorgaben zurück, hatte schon der Baseler Ausschuss kritisiert. Das eine betrifft eine abweichende Definition des Eigenkapitals, das andere die Risikobewertung. "Wenn die Abweichungen so minimal sind, wie die EU-Kommission behauptet, warum wird ,Basel III‘ nicht gleich komplett umgesetzt?"