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Europa: Luftkampf um Emissionen Wettbewerbsnachteil für Fluglinien?

Von Wolfgang Tucek

Analysen

EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hat sich viel vorgenommen - und stößt umgehend auf Widerstand. Denn er will das Emissionshandelssystem für die Industrie auf die Luftfahrt ausweiten. Die macht zwar nur rund drei Prozent des jährlichen weltweiten Kohlendioxidausstoßes aus. Die Tendenz sei jedoch stark steigend: plus 87 Prozent seit 1990 verzeichnet die Kommission.


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Wollte Dimas anfangs gleich alle Fluglinien, die in der EU starten und landen, einbeziehen, so setzt er jetzt auf eine Stufenlösung: Ab 2011 sollen alle Flüge innerhalb der Union betroffen sein, ab 2012 alle, die von einem EU-Flughafen starten oder landen. Vor allem heftige Interventionen aus den USA und den asiatischen Staaten bei Verkehrskommissar Jacques Barrot sollen das bewirkt haben.

Jetzt protestieren aber die EU-Fluggesellschaften, die naturgemäß den europäischen Markt bedienen. Sie bekämen durch die einjährige Insellösung einen Wettbewerbsnachteil aufgezwungen. Denn nur sie müssten vorerst wie rund 11.000 Fabriken und Kraftwerke ihre Emissionen deckeln oder teure Zertifikate zukaufen.

Obergrenzen für

Kolhendioxid-Ausstoß

Dimas schwebt ein Schnitt der Kohlendioxidmenge des Zeitraums von 2004 bis 2006 als grundsätzlich erlaubte Obergrenze vor. Davon erhofft sich die Kommission durchschnittlich um 46 Prozent oder 183 Millionen Tonnen weniger Kohlendioxidausstoß pro Jahr bis 2020 - vergleichbar mit den gesamten Emissionen Österreichs.

Bleibt die Fluglinie darunter, kann sie den Überschuss an weniger umweltfreundlich agierende Unternehmen verkaufen. Dieser Anreiz soll die Luftfahrtsunternehmen dazu bringen, ihre Flotten zu modernisieren. Brüssel untermauert die Notwendigkeit übrigens mit eindrucksvollen Vergleichen: Eine Person, die von London nach New York und zurückfliegt, habe in etwa den gleichen Emissionsausstoß zu verantworten, wie ein durchschnittlicher EU-Bürger mit dem Heizen seiner Wohnung über ein ganzes Jahr.

Dafür sollen die Passagiere künftig zahlen müssen. Denn sollten die Fluglinien die Zusatzkosten an ihre Kunden weitergeben, hieße das bis zu neun Euro Plus bei innereuropäischen Flügen. Der Langstreckenpassagier in die USA kann gleich mit 40 Euro Aufschlag rechnen.

Den ehrgeizigen Plänen der Kommission müssen allerdings noch die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament zustimmen. Der Widerstand formiert sich bereits. Besonders die vorläufige Benachteiligung der EU-Fluglinien gefällt vielen nicht. Und wie Luftfahrtsunternehmen aus den USA und China zu einem Einlenken gebracht werden sollen, können einige nicht erkennen.

Doch Dimas rechnet optimistisch mit ein bis zwei Jahren für den Weg seiner Vision zum EU-Gesetz. Neben der Einhaltung des Zeitplans wird auch spannend sein, was von seinen Vorschlägen übrig bleibt.