Am Ende des Films "Alexis Sorbas" steht Anthony Quinn da, und nachdem die mit großen Mühen gebaute Seilbahn schon beim ersten Test einstürzte, sagte er- als sich Staub und Schock verzogen hatten - zu seinem Geldgeber: "Hast du jemals etwas so schön zusammenkrachen sehen?"
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Über die Griechenland-Rettung und die Zukunft des Euro berichten Wolfgang Tucek (Brüssel) Reinhard Göweil (Wien), Hermann Sileitsch (Wien) und Birgit Riezinger (Online).
Der Satz ist exemplarisch. Griechenland kracht zusammen, und droht, den Euro mitzureißen. Aus politischer Taktik wurde in den vergangenen Tagen politische Panik. Plötzlich ging alles ganz schnell. Selbst Deutschlands Regierung, bisher eher versucht, sich über die wichtige Regionalwahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai zu retten, gab plötzlich Gas. Denn die Sanierung Griechenlands soll beispielhaft dokumentieren, dass Europa in der Lage ist, seine Probleme in den Griff zu kriegen. Die den Griechen auferlegte Einsparungen sind einmalig: Drakonische Gehaltskürzungen, ebensolche Steuererhöhungen. Das den Griechen zugesagte Hilfspaket ist allerdings auch einmalig, 110 Milliarden Euro plus weitere Milliarden für die notwendige Banken-Stabilisierung des Landes.
Seit November 2008 warnen hohe Beamte in EU und der Europäischen Zentralbank eindringlich, dass da etwas nicht stimmen kann bei den Hellenen. Es wurde politisch ignoriert. Wenn damals nachgefasst worden wäre, bliebe zwar die Schummelei der Griechen mit ihrer Staatsschuld - aber es hätte weniger gekostet.
Nun, das ist vergossene Milch. Die europäische Politik ist in letzter Sekunde aufgewacht, der Flächenbrand über die gesamte Euro-Zone (also auch Österreich) wäre sonst kaum noch zu verhindern gewesen. Schon jetzt reduzieren die großen Investoren der Welt - Banken, Fonds, asiatische Zentralbanken - ihr Engagement in Europa. Wenn europäische Schuldverschreibungen unglaubwürdig werden, wäre es allerdings vorbei mit dem Wohlstand des Kontinents. So wie es für die kommenden Jahre in Griechenland vorbei ist damit.
Zu hoffen ist, dass auch die griechischen Sozialpartner das Pinkerl schultern. Die griechische Industrie muss ausgebaut werden, die EU wird dafür Fördermittel bereit stellen. Doch investieren muss die Industrie. Und die Gewerkschaften wären schlecht beraten, wenn sie die harschen Einsparungen mit allzu heftigen Streiks bekämpfen würden. Fähren- und Fluglotsenstreiks beispielsweise wären für den Sommertourismus eine Katastrophe. Auf diese Einnahmen kann Griechenland weniger denn je verzichten.
Europa kann also von dieser Krise lernen, dass Zusammenarbeit umfassend sein muss. Nicht nur die Staaten müssen enger zusammen rücken, sondern auch die Sozialpartner. Die Industrieverbände, und die Gewerkschaften.
Nur so wird es möglich, diese Krise zu überwinden, deren Tiefe den meisten Bürgern gottlob nicht bewusst ist. Europa wird durch Griechenland vollständig verändert werden. Es wird Zeit brauchen, aber die EU, die Österreich seit 15 Jahren kennt, und den Euro, den wir seit 10 Jahren kennen, gibt es nicht in dieser Form mehr. Mit Durchwursteln und nationalen Alleingängen ist Schluss. Ob Europa danach gemeinsam Sirtaki tanzen wird, geht aus dem Drehbuch leider noch nicht hervor.
110 Milliarden Euro für Griechenland
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