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Europa und die steirischen "Reformpartner"

Von Werner Kogler

Gastkommentare

Das Verhältnis Österreichs zur Europäischen Union ist durch das überbordende Ausleben hiesiger politischer Praktiken getrübt.


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Das Repertoire der Unaufrichtigkeiten reicht vom "klassischen" Tarnen und Täuschen bis hin zu Verzögern, Vertrösten und durchaus üblen Tricksereien. Das beherrscht aber nicht nur die österreichische Finanzministerin mit ihren unsäglichen Auftritten, Verhandlungspannen und Unterlassungen etwa in der Causa Hypo Alpe Adria.

Auch die rot-schwarze steirische Landesregierung liefert laufend Anschauungsmaterial, wie man es genau nicht machen darf. Hier gibt es zunächst ein dramatisches Versagen in den Bereichen Gesundheitsschutz und Verkehr sowie Naturschutz und Energiewirtschaft. In einigen dieser Bereiche laufen EU-Mahn- und Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik aus Verschulden der steirischen Politik des Verdrängens, Verdrehens und Vertuschens. Das betrifft den gesundheitsschädlichen und nachweislich lebensverkürzenden Zustand der Luft in Graz, wo die EU jahrelang mit Ankündigungen beschwichtigt wurde. Aber kaum hatte die Union deshalb die Mahnverfahren ausgesetzt, wurden die angekündigten Maßnahmen zurückgenommen.

Den Höhepunkt der Tricksereien gegen EU-Vorgaben lieferte Landeshauptmann Franz Voves mit der möglichen Genehmigung eines Wasserkraftwerks in einem EU-Natura-2000-Schutzgebiet, das als höchst schutzwürdig ausgewiesen ist. Die Union hat in der Causa Schwarze Sulm - ein Flusslauf, der in dieser Form zu den letzten Europas gehört - ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die Begründung der Union hat es in sich: Mit der Methode der vom rot-schwarzen Proporz dirigierten steirischen Beamtenschaft würden der Kern der EU-Wasserrahmenrichtlinie und sonstige für den Naturschutz maßgebliche Bestimmungen "systematisch" unterlaufen. Wegen der anhaltenden Nichtberücksichtigung der schützenswerten Fauna und Flora wird jetzt neben dem Verfahren zur systematischen Durchlöcherung der Wasserrahmenrichtlinie ein zweites Vertragsverletzungsverfahren angedroht.

Das Umweltministerium als Oberbehörde hatte zwischenzeitig folgerichtig das Projekt in der zweiten Instanz vor allem aus unionsrechtlichen Gründen zurückgewiesen. Die Union hat das erste Vertragsverletzungsverfahren dann auch ausgesetzt. Die rot-schwarze Landesregierung hat durch abenteuerliche Winkelzüge oder aus politischer Blödheit den sachlich rechtswidrigen Zustand aber wieder formal in Rechtskraft gesetzt - und die Union das Vertragsverletzungsverfahren wieder aktiviert. Die offizielle Rechtfertigung von Landeshauptmann Voves und seinen Beamten liest sich über weite Strecken wie die hohle Propaganda des adeligen Projektbetreibers und Großgrundbesitzers. Peinlicher und unverfrorener geht’s nicht. Oder doch? Zu schlechter Letzt wollen jetzt diese "Beamten" die jahrzehntelang unbestrittene Gewässergüte der Schwarzen Sulm herabstufen, um das Unionsrecht zu relativieren. Der für die EU-Koordinierung zuständige Bundeskanzler und der Umweltminister werden viel zu tun haben, um dem blamablen und rechtswidrigen Treiben der vorgeblichen "Reformpartner" Einhalt zu gebieten.