Die Mullahs bekommen vielleicht Milliarden an Steuergeld: Wie sich die Staaten Europas an das Regime in Teheran anbiedern, ist unerträglich.
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Eines muss man den Machthabern der Islamischen Republik Iran lassen: Sie haben die Welt nie im Zweifel darüber gelassen, was ihre Absichten und Pläne sind. Erst dieser Tage drohte ein ranghoher Kleriker, sein Land könne "Tel Aviv und Haifa auslöschen". Im Februar, als zwischen dem Iran und dem Westen noch alles nach Frühlingsgefühlen aussah, kündigte ein führender Militär namens Qassem Soleimani offen "die Auslöschung des zionistischen Gebildes" an. Dergleichen steht durchaus in historischer Kontinuität, seit der Machtübernahme der Mullahs 1979 ist die Vernichtung Israels Teil der Staatsdoktrin des Iran; Holocaustleugner aus aller Welt kommen regelmäßig zu einem "Kongress" in Teheran.
Würde ein Politiker der FPÖ oder der deutschen AfD Derartiges auch nur annähernd von sich geben, träfe ihn - völlig zu Recht - die ganze Wucht des Strafgesetzes, mehrjährige Haftstrafe inklusive. Im Fall des Iran ist das freilich etwas ganz anderes. Dass dessen Staatsspitzen regelmäßig öffentlich von der Auslöschung der Juden delirieren und sich mühen, die dazu notwendigen Massenvernichtungswaffen in ihren Besitz zu bekommen, hindert die EU-Staaten überhaupt nicht daran, sich dem Regime anzudienen wie eine etwas unattraktive ältere Prostituierte einem wohlhabenden Kunden. Denn im Iran winken riesige Geschäfte.
Erst jüngst ließen sich die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens sowie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Brüssel mit ihrem iranischen Amtskollegen auf einem freundlichen Familienfoto ablichten. Thema des amikalen Gespräches: Wie der Atom-Deal noch gerettet, die Sanktionen der USA ausgehebelt werden könnten und ob die EU dazu nicht ein paar Milliarden Euro für den Iran springen lassen könne.
Die Mullahs könnten die Kohle sicher gut brauchen: Der Unterhalt von Terrorgruppen wie Hamas oder Hisbollah und deren Ausrüstung mit tausenden gegen Israel gerichteten Raketen kostet Geld, und der Repressionsapparat im Inland, der Schwule öffentlich auf Kränen aufhängt und Frauen- und Menschenrechtsaktivisten in Folterkeller zerrt, ist auch nicht gratis. Europäische Steuergelder könnten da sicher hilfreich sein.
Schon der Gedanke daran erregt heftige Übelkeit. Dass der Chef der Revolutionsgarden, Hossein Salami, vor einem Jahr auch den Europäern mit Nuklearraketen gedroht hat, macht Europas Selbsterniedrigung einzigartig und vollkommen.
Man hätte es lange nicht für möglich gehalten, aber langsam stellt sich die Frage: Wo steht Europa eigentlich, wenn es hart auf hart kommt - auf der Seite der Demokratien, also auch der USA und Israels, trotz aller Meinungsunterschiede im Detail, oder auf der Seite eines faschistoiden Gottesstaates, der eines der gewaltigsten Unterdrückungsregimes im Inneren betreibt und imperialistische Ambitionen nach außen mit militärischer Gewalt vorantreibt? Wo werden die EU-Staaten stehen, wenn es, wie nicht mehr auszuschließen ist, zu einem Krieg zwischen Iran und Israel kommt?
Ein Europa, das seine Würde für ein paar lausige Exportaufträge verschachert, statt zu wissen, wo es zu stehen hat, wird nach der Würde auch den letzten Rest Respekt verlieren, im Inneren wie in der globalen Politik.