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Europa wieder in Arbeit bringen

Von Hannes Swoboda und Emilie Turunen

Gastkommentare
Hannes Swoboda ist Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament. Emilie Turunen ist EU-Abgeordnete und Leiterin der Job-Initiative der Fraktion der Sozialdemokraten.

Die Rezession in Europa ist die Folge politischer Fehler. Europa braucht einen radikalen Kurswechsel und eine neue Führung.


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27 Millionen Menschen sind heute in Europa arbeitslos, und die längste Rezession seit den 1930er Jahren weicht nur langsam einer sehr schwachen Erholung. Nichts von alledem ist das Ergebnis einer Naturkatastrophe. Es ist die Folge politischer Fehler. Europas Rezession ist länger und gravierender, als sie hätte sein sollen. Um eines Dogmas willen wurden die Haushalte gekürzt und Steuern schneller und stärker erhöht als nötig. Immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in prekären, unsicheren Arbeitsverhältnissen tätig, und die Reallöhne - selbst in den stärksten Volkswirtschaften - sinken oder stagnieren. In einigen Ländern liegt die Jugendarbeitslosigkeit über 50 Prozent.

Europa braucht einen radikalen Kurswechsel und eine neue Führung. Aus diesem Grund hat die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament einen detaillierten Zehn-Punkte-Plan erarbeitet: Europa wieder in Arbeit zu bringen, ist unsere Antwort auf die Herausforderungen.

Um Arbeitsplätze zu schaffen und die europäische Wirtschaft anzukurbeln, schlagen wir einen 582 Milliarden Euro schweren Investitionsplan für Verkehrsinfrastruktur, Energieeffizienz und erneuerbare Energien durch öffentliche und private Mittel vor, der in den ersten drei Jahren fünf Millionen neue Arbeitsplätze schaffen soll.

Europas Jugend ist im Begriff, zu einer verlorenen Generation zu werden. Um dies zu verhindern, fordern wir, dass jeder junge Europäer unter 30 Jahren eine Garantie auf einen Arbeitsplatz, eine Ausbildungsstelle oder auf Weiterbildung binnen vier Monaten erhält. Die derzeitige Europäische Jugendgarantie muss von 6 Milliarden auf 21 Milliarden Euro erhöht werden. Und die missbräuchliche Praxis unbezahlter Praktika muss abgeschafft werden.

Wirksame Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung (die Europa jedes Jahr eine Billion Euro kostet) würden neue Mittel einbringen. Wir schlagen eine Taskforce für die EU-Industriepolitik vor. Wir wollen, dass Europa mindestens 3 Prozent seines BIP in Forschung und Entwicklung investiert - statt der bisherigen 2 Prozent, was niedriger ist als die entsprechenden Ausgaben unserer globalen Konkurrenten wie USA und China.

Der durchschnittliche zeitliche und finanzielle Aufwand für die Gründung eines neuen Unternehmens muss von fünf Tagen auf drei Tage beziehungsweise von 372 auf 100 Euro verringert werden. Durch die Verbesserung unserer Energieeffizienz würden wir bis zum Jahr 2020 zwei Millionen neue Arbeitsplätze schaffen und unsere Energierechnung jährlich um 1000 Euro pro Haushalt senken.

Um sicherzustellen, dass alle neuen Jobs menschenwürdig sind und es binnen eines Jahrzehnts in Europa keine Armen trotz Erwerbstätigkeit mehr gibt, schlagen wir eine europäische Rahmenvereinbarung vor, um schrittweise nationale Mindestlöhne einzuführen, die mindestens 60 Prozent der nationalen Durchschnittslöhne ausmachen sollten.

Wir brauchen qualitativ hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen für mindestens 33 Prozent der Kinder unter drei Jahren sowie mindestens 90 Prozent der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter.

Europa muss sich verändern.