Sarkozy will China in Cannes erneut um Geld bitten.
| Österreich verspricht sich vom Besuch des chinesischen Präsidenten Hu Jintao lukrative Wirtschaftsdeals.
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Wien. Wien, St. Gilgen am Wolfgangsee und Salzburg - Österreich gerät in den nächsten Tagen in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Chinas Präsident Hu Jintao trifft nämlich am Sonntagnachmittag in Wien-Schwechat ein. Er macht mit seiner Frau Liu Yongqing bis 2. November in Österreich Zwischenstation, bevor er zum Gipfel der zwanzig wichtigsten Wirtschaftsmächte (G20) am 3. und 4. November ins französische Cannes weiterreist. In dieses Treffen setzt Europa große Hoffnungen: China und andere große, finanzkräftige Schwellenländer sollen sich an der Euro-Rettung beteiligen und helfen, den Rettungsschirm (EFSF) aufzumunitionieren. Das war zumindest die Erwartung beim Brüsseler Euro-Gipfel. Zwar werde die EU die Schwellenländer nicht offiziell um Geld für den Eurorettungsschirm bitten, hieß es am Freitag in Brüssel: Weder EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso noch Ratspräsident Herman Van Rompuy hätten dazu ein Mandat.
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat aber bereits angekündigt, Hu abseits offizieller Agenden auf eine mögliche Finanzbeteiligung anzusprechen. Die Franzosen führen derzeit den Vorsitz innerhalb der Gruppe der G20. Mit Spannung wird nun erwartet, ob sich Hu - der vielen wegen Chinas Wirtschaftskraft als mächtigster Mann der Welt gilt - in Österreich am Rande des offiziellen und touristischen Programms zu diesem Thema äußert.
Peking ist vor allem auf sichere Wertanlage bedacht
Die Hoffnungen, dass China der dringend benötigte Geldgeber für die Eurozone sein wird, könnten freilich verfrüht sein. EFSF-Chef Klaus Regling kehrt jedenfalls mit leeren Händen aus Peking zurück. Der Deutsche hatte dort schon am Freitag Gespräche mit chinesischen Investoren geführt. Er stieß auf wohlwollendes Interesse - mehr aber nicht.
Eine Zusage, bei der Aufstockung des Rettungsschirms zu helfen - dieser soll von 440 Milliarden auf mehr als eine Billion Euro gehebelt werden -, ließen sich die Asiaten nicht entlocken. "Wir alle wissen, dass China einen besonderen Bedarf hat, seine Handelsüberschüsse anzulegen", gab sich Regling nach Gesprächen mit der Zentralbank und dem Finanzministerium dennoch zuversichtlich. Ein rascher Abschluss sei jedoch nicht zu erwarten. Die Chinesen hätten überdies durchblicken lassen, dass sie sich Gegenleistungen erwarten.
China wird nicht zum ersten Mal als Europas Retter gehandelt. Die Volksrepublik häuft aufgrund ihrer enormen Handelsüberschüsse große Beträge in Fremdwährungen an. Zugleich will sie eine Aufwertung ihrer Währung Renminbi verhindern, weil das den Exporten schaden würde. Deshalb sitzt Peking auf einem Schatz an Währungsreserven von umgerechnet 2300 Milliarden Euro.
Bisher waren die Asiaten gezwungen, den Großteil in Dollar anzulegen. Immer noch sind an die 70 Prozent in der US-Währung angelegt, der größte Teil in Schuldpapieren. Der Dollar verliert jedoch stark an Wert, weil die US-Notenbank die Geldmenge immer stärker ausweitet - sehr zum Missfallen der Asiaten.
Chinas frei verfügbares Vermögen viel geringer
Deshalb will China seine Investitionen breiter streuen - gut ein Viertel des Vermögens dürfte bereits in Euros und Euro-Papieren stecken. Europa ist zudem bereits zum wichtigsten Handelspartner aufgestiegen.
Jubelrufe wären dennoch verfrüht. Die hatte es in Griechenland und Portugal nach Staatsbesuchen aus dem Reich der Mitte bereits gegeben. Hoffnungen auf einen Geldsegen blieben aber unerfüllt. Zwar haben die Chinesen im laufenden Jahr wie versprochen Anleihen der Euro-Peripherieländer gekauft, allerdings sind die Beträge eher verschwindend - 800 Millionen Euro in Griechenland, etwa 5,2 Milliarden in Portugal: zu wenig, um die Schuldenlast dieser Länder zu lindern.
Und nicht zuletzt könnte Chinas verfügbare Finanzkraft geringer sein als vermutet. Von den 2300 Milliarden Euro an Währungsreserven muss man nämlich jene Beträge abziehen, die der Staatsfonds für Industriebeteiligungen in aller Welt ausgegeben hat, sagen Experten. Überdies wird Peking große Summen benötigen, um die gewaltigen Schuldenberge lokaler Regierungen abzutragen. So dürften am Ende überhaupt nur an die 350 Milliarden Euro frei verfügbar sein.
Wenn China seinen Arm ausstreckt, so ist es auf Sicherheit bedacht - und es verfolgt handfeste Interessen, betonen Fachleute. In den Mittelmeerstaaten waren die Asiaten vor allem am Zugang zu den Häfen interessiert, sagt China-Expertin Waltraut Urban zur "Wiener Zeitung".
Auch jetzt sind Chinas Offizielle betont vorsichtig mit Versprechen gegenüber der EU: Vize-Finanzminister Zhu Guangyao sagte bei einer Konferenz in Peking, man wolle mehr Details über die geplante Aufstockung des Euroschirms erfahren, bevor man gewillt sei, mehr Geld in diesen zu stecken.
Politische Interessen könnten Peking allerdings noch gütig stimmen, sagt Urban. So wie die Chinesen über Wirtschaftsdeals in Afrika um Stimmen im UNO-Sicherheitsrat geworben haben, suchen sie in Europa Partner: China will von der EU den Status einer Marktwirtschaft erhalten und ist daran interessiert, dass Embargos aufgehoben werden, die seit dem Massaker am Tiananmen-Platz 1989 für Waffen und Hochtechnologie-Güter gelten.
Zudem sind die asiatischen Börsen in den letzten Monaten trotz guter Konjunkturlage massiv abgestürzt, weil die Investoren über die Meldungen aus Europa in Panik geraten waren. Der Shanghai-Aktienindex liegt so tief wie zuletzt im März 2009 - damals war Chinas Konjunktur-Tiefpunkt erreicht. "Schlagzeilen wie ,China rettet die Eurozone wären in dieser Verunsicherung sehr willkommen", sagt Urban.
Staatschef reist mit 160 Wirtschaftsbossen
Aber auch in Österreich zählt man darauf, dass sich die guten chinesisch-österreichischen Beziehungen auszahlen werden: Dass Chinas Staats- und Parteichef von einer 160-köpfigen Delegation begleitet wird, lässt auf Wirtschaftsabschlüsse hoffen.