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Der Norden des Vereinigten Königreichs fest in Hand der linksliberalen SNP, der Süden Herzland für die konservativen Tories, die - entgegen allen Prognosen - eine absolute Mehrheit errangen. Dazwischen die gedemütigte Labour-Partei und fast ausgelöschte Liberale.
Mit dem Wahlsieg Camerons fragt sich auch Europa, wie es nun weitergeht in der schwierigen Beziehung zwischen Großbritannien und der EU. Das britische Referendum um Verbleib oder Ausstieg aus der EU wird nun kommen - je eher, desto besser. Der Wahlausgang würde nahelegen, dass die Briten mehrheitlich in der EU bleiben wollen. Die ausländer- und EU-feindliche Ukip etwa blieb hinter den Erwartungen, ihr Parteiobmann Farage schaffte es nicht ins Unterhaus - und trat zurück (wie auch Miliband von Labour und Clegg von den Liberalen).
Gefahr für Europa droht allerdings von Tory-Hinterbänklern. Cameron wird sich keinen Koalitionspartner suchen. Die 330 Tory-Abgeordneten liegen nur knapp über der 50-Prozent-Marke von 326 Sitzen. Cameron wird daher etlichen Hinterbänklern Wünsche zu erfüllen haben, um seine Mehrheit abzusichern. Und er reagiert auf Druck dieser englischen Nationalisten, das zeigte sich beim Beschluss, das EU-Referendum überhaupt abzuhalten.
Cameron beschwor zwar noch am Freitag die Einheit der "britischen Nation", doch ein Nein zur EU würde wohl in Schottland eine neue Abstimmung zur Abspaltung vom Vereinigten Königreich auslösen. Denn die Schotten sind deutlich EU-freundlicher als die Engländer im Süden der Insel und wollen die Europäische Union nicht verlassen. Ähnlich ist die Stimmung in Wales und Nordirland - in beiden Teilen hatten die Tories keinen Erfolg.
Es wird in den kommenden Monaten auch viel davon abhängen, was EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit David Cameron ausmacht. Juncker hat schon klargemacht, dass die vier Grundfreiheiten der EU nicht zur Debatte stehen können. Ohne deutliche Zugeständnisse aus Brüssel wird das EU-Referendum allerdings zum unkalkulierbaren Risiko.
Es war eine außergewöhnliche Wahl auf der britischen Insel. Und sie wird in den kommenden Monaten außergewöhnliche Folgen in der Europäischen Union haben, an deren Ende nicht nur in Großbritannien, sondern auch in der EU eine neue Struktur stehen könnte.