Für die Aufhebung der Sanktionen gegen Österreich spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung in den EU-14 aus. Die Maßnahmen sollten abgebrochen, Österreich allerdings genau beobachtet werden. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage der internationalen GfK-Gruppe, die in insgesamt 16 europäischen Ländern von Februar bis Juni im Auftrag der österreichischen Bundesregierung durchgeführt wurde.
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Zu den 16 befragten europäischen Ländern zählen die 14 EU-Staaten sowie Schweiz und Ungarn.
"Nicht immer ist Europas Vox populi in Übereinstimmung mit der Stimme der Regierungen. Während die Regierungen der EU-14 den Ausstieg aus den Sanktionen gegen Österreich teils nicht wollen, teils nicht finden, sind ihre Wähler mit überzeugender Mehrheit dafür, dass die Stigmatisierung Österreichs ein Ende haben sollte", interpretierte Fessel-GfK-Chef Rudolf Bretschneider am Freitag in einer Pressekonferenz die Ergebnisse.
Sanktionen aufheben und genau beobachten
Besonders ausgeprägt ist diese Haltung in Deutschland (72 Prozent für Aufhebung), der Schweiz (71), Dänemark (73), Finnland (68), Griechenland (74) und Italien (65). Selbst die Belgier (63) und die Franzosen (46) sprechen sich mehrheitlich für die Aufhebung der Sanktionen bei gleichzeitiger genauer Beobachtung Österreichs aus.
Die Verhängung der Sanktionen selbst wird von einer Mehrheit der Befragten in der Schweiz, in Deutschland, Finnland, Frankreich, Portugal und Dänemark für falsch erachtet. Italiener, Briten, Belgier, Griechen, Ungarn, Luxemburger, Iren, Niederländer, Spanier und Schweden erachten sie hingegen grundsätzlich für richtig. Vor allem in Großbritannien, Ungarn und Frankreich sieht sich allerdings ein Gutteil der Befragten nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten.
Überraschend negativ gegenüber Österreich ist die Stimmung in Schweden. 67 Prozent der Schweden halten die Sanktionen für richtig, und beim Thema Aufhebung sind 44 Prozent - der höchste Wert unter den EU-14 - der Meinung, dass die Sanktionen gegen Österreich so lange bleiben sollen, wie die FPÖ an der Regierung beteiligt ist.
ÖVP/FPÖ-Regierung lässt die Mehrheit kalt
Die ÖVP-FPÖ-Regierung lässt die Mehrheit der europäischen Bevölkerung relativ kalt. Dass von von den Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ eine ernsthafte Gefahr für Demokratie und Menschenrechte ausgeht, wird in allen Ländern mit Ausnahme Frankreichs für "übertriebene Ängste" gehalten, heißt es in der Umfrage. Am deutlichsten ist dieses Bild laut Bretschneider in Deutschland, Dänemark und Finnland. In Frankreich hielten sich beide Einschätzungen ("ernsthafte Gefahr" versus "übertriebene Ängste") die Waage.
Auf die Frage, wie die EU im Falle einer demokratischen Wahl und anschließender Regierungsbeteiligung von radikalen oder populistischen Parteien im eigenen Land reagieren sollte, spricht sich überall nur eine kleine Minderheit für die Verhängung von Sanktionen aus. Nur in Spanien ist der entsprechende Satz höher. In der Schweiz, Dänemark und Portugal will man die Lösung dieses Problems mehrheitlich dem eigenen Land überlassen.
In den anderen Ländern ist man eher für eine Verwarnung der Regierung und eine Beobachtung ihrer Handlungen.
"Die Europäer urteilen also offensichtlich nach der goldenen Regel: 'Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg' auch keinem andern zu'", so Bretschneider.
Der Informationsgrad über die Causa prima ist länderweise übrigens sehr unterschiedlich. Am meisten informiert zeigten sich die Befragten aus den Nachbarländern Österreich und kleineren nordwestlichen EU-Ländern. In der Schweiz und in Ungarn haben etwa 85 Prozent von der Verhängung der Sanktionen gegen Österreich gehört oder gelesen. In Belgien sind es 84 Prozent. Am geringsten ist der Informationsgrad in Südeuropa: Griechenland 48, Spanien 42 Prozent.
Insgesamt wurden jeweils 500 repräsentativ ausgewählte Personen - in Frankreich, Großbritannien und Deutschland je 1.00 - von den nationalen GfK-Instituten befragt. Die Erhebung erfolgte von Februar bis Anfang Juni. Die Studie wurde als Teil des Aktionsprogramms der österreichischen Bundesregierung in Auftrag gegeben.