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Die Europäische Bürgerinitiative ist ein Instrument der direkten Demokratie in der Europäischen Union. Sie dient dazu, der Europäischen Kommission Vorschläge für Rechtsakte (Bestimmungen) vorzulegen. Dies ist in jedem Bereich möglich, für den die Kommission zuständig ist.
Wer darf mitmachen?
Alle EU-Bürger, die das für die Wahlen zum Europäischen Parlament erforderliche Mindestalter erreicht haben (18 Jahre, in Österreich 16) dürfen eine Initiative organisieren oder sich ihr anschließen.
Wie wird organisiert?
Die Leitung der Initiative übernimmt ein so genannter Bürgerausschuss, in dem mindestens sieben EU-Bürger sitzen. Die Mitglieder des Ausschusses müssen in mindestens sieben EU-Länder wohnen. Ausschlaggebend ist also der Wohnsitz, nicht die Staatsangehörigkeit.
Wer hält den Kontakt zur Kommission?
Der Bürgerausschuss bestimmt ein Kontaktpersonen und einen Stellvertreter. Diese sind befugt, im Namen des Ausschusses zu sprechen und tätig zu werden. Für die gesamte Dauer des Verfahrens sind sie das Bindeglied zwischen Ausschuss und Europäischer Kommission. Sie haben Zugang zum Konto der Organisatoren und führen den Schriftverkehr mit der Kommission.
Welche Bürgerinitiativen sind aktiv?
Eine Aufstellung der aktiven Initiativen findet man auf dem Portal für Bürgerinitiativen.
Wie tritt eine Bürgerinitiative an die europäische Öffentlichkeit?
Zunächst muss sie sich registrieren, wobei neben den Verantwortlichen und den Zielen auch die bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Financiers angegeben werden müssen, sofern sie mehr als 500 Euro pro Jahr spenden.
Die Registrierung kann in jeder EU-Amtssprache erfolgen. Zusätzlich eingereichte Übersetzungen werden von der Kommission auf ihre Richtigkeit geprüft.
Alle Angaben werden auf dem Portal für Bürgerinitiativen veröffentlicht.
Wann und wie lange darf man Unterstützungen sammeln?
Ab dem Zeitpunkt der Registrierung einer geplanten Initiative haben die Organisatoren ein Jahr Zeit für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen.
Wie kann man Unterstützungen sammeln?
Neben der Sammlung auf herkömmliche Weise ist auch der Einsatz von Online-Sammelsystemen erlaubt. Um den Organisatoren zu helfen, hat die Kommission eine quelloffene Software entwickelt, die bereits die entscheidenden Anforderungen erfüllt. Diese Software kann kostenlos heruntergeladen werden.
Wieviele Unterstützer benötigt eine Bürgerinitiative?
Um der Kommission vorgelegt zu werden, muss die Initiative zwei Bestimmungen erfüllen:
Insgesamt eine Million Unterstützer.
Eine Mindestanzahl von Unterstützern aus mindestens einem Viertel der EU-Länder (z.Z. sieben). Diese Zahl (für Österreich: 14250, für Deutschland: 74250) richtet sich nach der Einwohnerzahl.
Was passiert, wenn eine Bürgerinitiative die notwendigen Unterstützungen erhalten hat?
In diesem Fall muss die Kommission die Vorschläge sorgfältig prüfen. Innerhalb von drei Monaten finden folgende Schritte statt:
Bei einem Gespräch von Vertretern der Kommission mit den Organisatoren werden unklare Aspekte erörtert.
Bei einer öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament darf sich die Initiative vorstellen. ,Daran muss auch die Europäische Kommission teilnehmen.
Schließlich publiziert die Kommission ein Dokument, in der sie erläutert, ob und welche Maßnahmen sie als Antwort auf die Bürgerinitiative vorschlägt, und welche Gründe zu der Entscheidung geführt haben. Diese Antwort wird in allen EU-Amtssprachen veröffentlicht.
Mit einer Bürgerinitiative wird ein Thema auf die politische Tagesordnung gebracht, das die Kommission dazu verpflichtet, sich ernsthaft mit den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger auseinanderzusetzen, aber sie ist nicht dazu verpflichtet, der Initiative Folge zu leisten.
Beschließt die Kommission, einen Rechtsakt vorzuschlagen, wird das normale Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt: Der Kommissionsvorschlag wird dem Gesetzgeber (normalerweise dem Europäischen Parlament und dem Rat oder in bestimmten Fällen nur dem Rat) vorgelegt, und wird, wenn er angenommen wird, zum Gesetz.