An Bankenaufsicht sollen laut Nowotny auch Nicht-Euroländer teilnehmen.
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Wien. Die Finanzkrise ist zerstörerisch wie ein Orkan über Europa gezogen, doch jetzt ist wieder Optimismus angesagt. Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), sieht jedenfalls erstmals Licht am Ende des Tunnels. Die wirtschaftliche Situation in Europa sei im Begriff, sich zum Positiven zu wenden, so der Banker bei der Eröffnung der "Conference on European Economic Integration" am Montag im noblen Wiener Hotel Marriott. An dem Treffen nahmen Zentralbank-Chefs, Wirtschaftswissenschafter und Analysten aus ganz Europa teil. Debattiert wurden die Lehren, die aus der Finanzkrise zu ziehen seien.
Zunächst galt es, die guten Nachrichten ins Licht zu rücken: Die Arbeitslosenraten hätten sich in den meisten EU-Volkswirtschaften stabilisiert, so Nowotny. Eine Ausnahme sei Zypern, wo die "makroökonomischen Anpassungen" noch voll im Gange wären. Die Stimmungsindikatoren würden auf einen sanften Aufschwung in den nächsten Quartalen - und darüber hinaus - hindeuten.
Heterogenität der Eurozone
Nowotny warnt allerdings vor allzu großem Optimismus, denn: Die Heterogenität der wirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone böte weiterhin Anlass zur Sorge. Allerdings habe sich die internationale Wahrnehmung Europas geändert. Beim Herbstreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank sei Europa nicht mehr als Sorgenkind im Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden, berichtet Nowotny.
Um die positiven Tendenzen zu unterstützen, forderte Nowotny, dass die Zersplitterung der europäischen Finanzmärkte überwunden werden müsse. Er rief dazu auf, hier eine gesamteuropäische Perspektive einzunehmen. So sollten etwa an der europäischen Bankenaufsicht so viele Nicht-Euroländer wie möglich teilnehmen.
Die Schaffung einer einheitlichen Bankenaufsicht ist eine der maßgeblichen Lehren, die die EU aus dem Finanz-Desaster ab 2008 gezogen hat. Sie soll im Herbst 2014 die Arbeit aufnehmen, dann werden rund 130 Banken direkt von der Europäischen Zentralbank (EZB) überwacht.
Nowotny rief das internationale Auditorium auf, sich auf keinen Fall nur von nationalen Interessen leiten zu lassen - und ging selbst mit gutem Beispiel voran: Als er den polnischen Nationalbankpräsident Marek Belka irrtümlich als "österreichischen Zentralbankchef" vorstellte, meinte Nowotny, das zeige, wie eng hier die Zusammenarbeit mittlerweile sei.
Vor der Krise, so Nowotny, seien die meisten Ökonomen der Ansicht gewesen, dass sich eine weitere Vertiefung der Finanzmärkte positiv auf das langfristige Wachstum auswirke. Die Finanzkrise habe aber deutlich gemacht, dass die zyklische Komponente des sogenannten "Finance-Growth-Nexus" - also der Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Finanzen und des Wirtschaftswachstums - bislang stark unterschätzt worden sei. Deshalb müssen verbesserte Wege zur Messung der nachhaltigen Wirtschaftsleistung gefunden werden. Das Ziel sei die Unterscheidungsfähigkeit zwischen einer "wohlstandsfördernden Vertiefung der Finanzmärkte" und kostspieligen Boom-Bust-Zyklen bei allen politischen Entscheidungsträgern.
"Freddy-Krüger"-Phänomen
Zudem, so Nowotny, sei es wichtig, die "Natur" von Immobilienblasen zu verstehen. Solche Spekulations-Phänomene erinnern Kurt Pribil, den Direktor der OeNB, an "Freddy Krüger". Denn: Der "Alptraum" einer weiteren Immobilienblase stehe immer vor der Tür. Wobei für Pribil nicht klar ist, ob die Angst nicht vor allem von den Medien geschürt werde. Was Immobilien in Österreich betrifft, sieht Pribil die Gefahr einer derartigen Blase derzeit jedenfalls nicht.
Jörg Asmussen, Mitglied des EZB-Direktoriums, betonte in seiner Dinner-Ansprache, wie wichtig Kooperation bei der Erreichung von Stabilität auf dem Finanzsektor sei. Er wies zudem auf den gestiegenen Lebensstandard der Balkan-Staaten und der Länder Mittel- und Osteuropas hin. Die Kaufkraft habe sich dort zwischen den Jahren 2000 und 2012 um 50 Prozent erhöht. Asmussen betonte, dass die bestehenden transeuropäischen Produktionsketten international reüssieren würden. Die Exporte der Mittel- und osteuropäischen Länder wären zuletzt im Schnitt um 10 Prozent jährlich gestiegen. Negativ auf die Region hätten sich die Boom-Bust-Zyklen erwiesen, vor allem, was die Kreditvergabe betreffe.
Die Lehre aus der letzten Zeit ist für Asmussen klar: Mehr und vor allem eine bessere EU-Integration sei das Gebot der Stunde. Die wirtschaftliche Erholung sei in den Ländern Mittel- und Osteuropas schneller vonstatten gegangen als auf dem Balkan, weil die einzelnen Produktionszweige in den EU-Ländern enger miteinander verflochten seien. Laut Asmussen würde ein Abbau der Handelsbeschränkungen zwischen den Balkan-Staaten und der EU den Exporteuren in den Balkan-Ländern zu massiven Vorteilen verhelfen.
Lehre Nummer zwei, die Asmussen aus der Krise zieht, ist die überragende Bedeutung von Nachhaltigkeit. Die Mitgliedsstaaten sollten sich zu solider Fiskalpolitik und verlässlichen makroökonomischen Entwicklungen verpflichten. Die EU und der Euro seien jedenfalls keine geschlossenen Veranstaltungen, so Asmussen. Vielmehr sei man offen für die Staaten, die beitreten wollen und die Kriterien erfüllen.