Merkel, Juncker grundsätzlich dafür. | Unklarheit über nötige Änderung der EU-Verträge. | EZB-Weber: Keine eigene Ratingagentur, aber neue Regeln. | Brüssel. Die Idee eines Europäischen Währungsfonds (EWF) zur Stabilisierung der Eurozone wirbelt einigen Staub auf. Zwar äußerten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie der Luxemburger Premier und Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker grundsätzlich ihr Wohlwollen. Doch ließen beide durchklingen, dass es bis zur Etablierung eines EWF ein weiter Weg sei. Die Europäische Zentralbank (EZB) läuft dagegen Sturm. Merkel meinte, dass ein EWF wohl nicht ohne eine Änderung der EU-Verträge zu verwirklichen sei. Das bedeutete eine Anpassung des gerade erst in Kraft getretenen Vertrags von Lissabon durch eine einstimmige Entscheidung aller 27 Staats- und Regierungschef und danach eine Ratifizierung in den EU-Ländern. Für die Beurteilung, ob eine Vertragsänderung nötig ist, sei es noch zu früh, meinte dagegen Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso.
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"Tausend Fragen werden noch zu klären sein", erklärte Juncker nach einem Treffen mit Merkel. Deren Aussagen seien vor dem Hintergrund zu bewerten, das noch niemand wisse, wie der EWF am Ende aussehen solle, hieß es. Es gebe wahrscheinlich auch Möglichkeiten, ihn ohne Vertragsänderung umzusetzen.
Immerhin ließ der Sprecher von Olli Rehn am Dienstag durchblicken, dass der EWF wohl nur für die Eurogruppe zuständig sein soll: "Derzeit fokussieren wir auf die Mitglieder der Eurozone", sagte er. Hier könnte Berlin sich erstmals bewegen, das bisher wenig Verständnis für Sonderregelungen für die Eurozone gezeigt hatte. Ein EWF zur Rettung angeschlagener Euro-Länder sei keine Schwächung des Euro-Stabilitätspakts, sagte Merkel.
Überhaupt keine Freude haben die Hüter der Euro-Stabilität in Frankfurt: Der EWF-Schutzschirm ist für EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark nichts anderes als eine Hängematte "für Länder mit finanzpolitischem Schlendrian". Die Schaffung der neuen Institution rüttle an der Geschäftsgrundlage der Währungsunion, warnte er. Starks Pendant in der Deutschen Bank, Thomas Mayer, kann das nicht nachvollziehen. Es sei ein Mechanismus für jene Situation notwendig, in der ein Staat trotz aller Sparanstrengungen zahlungsunfähig werde. Genau das droht derzeit Griechenland, für dessen allfällige Rettung der EWF jedoch zu spät kommt.
Barroso: CDS-Verbot?
(red) Axel Weber, Bundesbank-Präsident und Favorit für den EZB-Chefsessel, schloss unterdessen eine Art eigene Ratingagentur unter dem EZB-Dach aus. Solche Überlegungen hatte jüngst Österreichs Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny angestellt. Derzeit ist die Zentralbank nämlich auf die Agenturen angewiesen, wenn es um die Bewertung geht, ob sie Papiere als Sicherheit akzeptiert oder nicht. Weber sieht andere Optionen: Schwache Papiere (etwa griechische Staatsanleihen) könnten auch nach der Verschärfung der Regeln bei der EZB hinterlegt werden - allerdings mit einer Straftaxe. "Wir haben einen Rahmen für notenbankfähige Sicherheiten, der auf Ratings basiert, aber auch Haircuts ( Abschläge, Anm. ) können in diesem Kontext eine Rolle spielen", sagte Weber. "Es ist nicht notwendigerweise die einzige denkbare Lösung, dass man ein Mindestrating hat, ab dem der Zugang zur Zentralbank abgeschnitten ist."
Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso prüft indes ein "Verbot von spekulativen Maßnahmen", darunter auch für Kreditausfallsversicherungen (CDS) bei Staatsanleihen. Noch vor dem Sommer sollen legislative Vorschläge vorlegen.