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Europäischer Tag der Sprachen

Von Waldemar Hummer

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Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Innsbruck. Foto: privat

Seit mehreren Jahren besinnt sich die EU ihrer Sprachenvielfalt, die sie nicht nur als Träger eines reichen Kulturerbes, sondern auch als Wirtschaftsfaktor sieht.


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In der EU mit mehr als 490 Millionen Bürgern gibt es 23 Amtssprachen und drei offizielle Alphabete. Die Unionsbürger sprechen mehr als 60 regionale und Minderheiten-Sprachen. Außerdem haben Zuwanderer ein breites Spektrum von Sprachen mitgebracht: Man schätzt, dass derzeit mindestens 175 Nationalitäten in der EU leben. Dazu kommt noch die gestiegene Mobilität der Unionsbürger, von denen derzeit zehn Millionen außerhalb ihres Heimatstaates beschäftigt sind. Dieses "Sprachenbabel" kann in den Organen der EU nur durch einen leistungsfähigen Sprachendienst überwunden werden.

So beschäftigt allein der Übersetzerdienst 2350 Personen (1750 Übersetzer und 600 Assistenten) in der Generaldirektion Übersetzung der Europäischen Kommission, die im Jahr 2007 1,7 Millionen Seiten zu übersetzen gehabt haben.

Dazu kommt noch der Dolmetscherdienst, der alle Sitzungen der Organe in den Arbeitssprachen beziehungsweise Amtssprachen simultan oder konsekutiv zu dolmetschen hat.

Der finanzielle Aufwand für den Übersetzerdienst alleine beträgt mit 280 Millionen Euro allerdings nur einen Bruchteil des gesamten EU-Haushalts von 129 Milliarden Euro und stellt für jeden Unionsbürger eine jährliche Belastung von lediglich 0,60 Euro dar. Zählt man den Übersetzer- und Dolmetscherdienst der EU zusammen, dann erhöhen sich die Kosten auf jährlich 1,1 Milliarden Euro, was etwa einem Prozent des EU-Budgets entspricht.

Auf lange Sicht müssen die Sprachbarrieren innerhalb der EU durch eine gezielte Sprachausbildung der Unionsbürger selbst überwunden werden. In diesem Sinne wurde am Ende des europäischen Jahres der Sprachen, das 2001 erfolgreich vom Europarat gemeinsam mit der Europäischen Kommission veranstaltet wurde, beschlossen, am 26. September eines jeden Jahres den Europäischen Tag der Sprachen zu begehen.

Das Erlernen anderer Sprachen als die eigene Muttersprache durch die Unionsbürger ist wichtig, um damit die kulturellen, sozialen und beruflichen Möglichkeiten, die eine EU der 27 Mitgliedstaaten mit sich bringt, besser nützen zu können. Es ist vor diesem Hintergrund zu sehen, dass Kommissar Leonard Orban der Bereich Mehrsprachigkeit als eigenständiges Ressort innerhalb der Europäischen Kommission zugeteilt wurde.

In diesem Sinne arbeitet die Kommission seit 2002 gemeinsam mit den Mitgliedstaaten auf das Barcelona-Ziel hin, die Unionsbürger in die Lage zu versetzen, neben ihrer Muttersprache in zwei weiteren Sprachen kommunizieren zu können. Auf diesen Fortschritten aufbauend, legt nun die Kommission eine neue Strategie für Mehrsprachigkeit in der Union vor.

Mehrsprachigkeit

Diese neue Strategie, die am 18.September 2008 von Kommissar Orban unter dem Titel "Mehrsprachigkeit: Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung" [KOM(2008) 566] vorgestellt wurde, verfolgt einen umfassenden Ansatz, der über den Bildungssektor hinausreicht und Sprachen in den größeren Kontext der EU-Agenda für sozialen Zusammenhalt und Wohlstand einfügt. Die neue Mehrsprachigkeitsstrategie wird zunächst nicht mit neuen Mitteln ausgestattet, sondern aus dem Budget des Programms für lebenslanges Lernen (2007 - 2013) dotiert. Im Jahr 2012 werden die Fortschritte überprüft, und danach wird entschieden, ob zusätzliche Mittel für den darauf folgenden Abschnitt benötigt werden.