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Das EP verfügt über unterschiedlichste Kompetenzen: Es darf zustimmen, hat Haushalts-, Kontroll- und Mitwirkungsbefugnisse. Hier geht es um die Legislativkompetenzen.
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Das Europäische Parlament (EP) unterscheidet sich durch eine ganze Reihe von Aufgaben grundlegend von einem nationalen Parlament. Die Ursache dafür liegt in der strukturellen Verschiedenheit des supranationalen Gemeinschaftsrechts im Vergleich zum Staatsrecht der Mitgliedstaaten der EU.
Während im gewaltenteilenden System des Staatsrechts das Parlament der alleinige Gesetzgeber ist, kommt diese Funktion dem EP bis heute nicht zu. Dem EP wurden im Laufe der Zeit zwar eine Reihe von Legislativkompetenzen übertragen, aber bis heute ist der Rat der Hauptrechtsetzer in der EU. Damit herrscht in der Union eine "Gewaltenfusion" vor, die der Gewaltenteilung des Staatsrechts diametral entgegengesetzt ist.
Es ist daher müßig, sich über ein Legitimitäts- und Demokratiedefizit der EU zu alterieren, die Mitgliedstaaten wollen es offensichtlich (noch immer) so.
Die Gründungsväter der Europäischen Gemeinschaften (EG) hatten die
Rechtsetzung in den EG deswegen nicht in die Hände des EP, sondern exklusiv in die des Rates gelegt, da sie diesen nach wie vor politisch dominierten. Sie behielten sich damit die Kontrolle über die Rechtsetzung vor. Das Parlament hatten sie ursprünglich sogar nur "Versammlung" genannt. Die "Versammlung" bekam lediglich Anhörungs- und Kontrollrechte.
Eine Einigung muss her
Erst mit der Revision der Verträge durch die Einheitliche Europäische Akte (1986) wurde dem EP mit dem Verfahren der Mitentscheidung oder Ko-Dezision (Artikel 251 EG-Vertrag) eine gleichwertige Mitbeteiligung an der Rechtsetzung durch den Rat ermöglicht.
Die daneben bestehenden Verfahren der - obligatorischen und fakultativen - Anhörung beziehungsweise der Zusammenarbeit erlauben dem EP nur eine punktuelle und auch nicht gleichwertige Mitwirkung.
Idealtypisch kommt es bei der Rechtsetzung im Ko-Dezisionsverfahren zu folgendem Zusammenwirken von Kommission, Rat und EP: Das Verfahren beginnt in der Regel mit einem Vorschlag der Kommission an den Rat, in dem die Kommission die Rechtsgrundlage und das anzuwendende Verfahren der Rechtsetzung benennt.
Nach der Konsultation der beratenden Ausschüsse (Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss, Ausschuss der Regionen etc.) treten der Rat und das EP gemeinsam als Rechtsetzer auf und agieren wie zwei gleichberechtigte "Gesetzgebungskammern".
Rat und EP müssen sich auf den Inhalt des Rechtsaktes einigen, da dieser sonst nicht zustande kommen kann. Bei Meinungsverschiedenheiten wird ein Vermittlungsausschuss, bestehend aus 27 Abgeordneten des EP und 27 Vertretern des Rates, einberufen. Dieser soll eine Einigung zwischen beiden Organen herbeiführen. Kommt eine solche nicht zustande, kann der vorgeschlagene Rechtsakt nicht erlassen werden. Damit können im Ko-Dezisionsverfahren sowohl der Rat als auch das EP den Kommissionsvorschlag beziehungsweise den Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses scheitern lassen.
Auftrag an Kommission
Die vom Rat und dem EP im Ko-Dezisionsverfahren verabschiedeten Rechtsakte werden in der Folge vom Rat an die Kommission zur Durchführung übertragen. Die Kommission agiert somit als delegierter Rechtsetzer.
Im Rahmen dieser Regeldelegation (Komitologie) wird die Kommission bei der Wahrnehmung ihrer Durchführungsbefugnis an die Mitwirkung eines aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammengesetzten Ausschusses gebunden, der unterschiedlich ausgestaltet sein kann.