Trennung von Bahnnetz und -betrieb nicht in Gesetzestext inkludiert, einheitliche Schienen- und Ticketingsystem bis 2019.
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Straßburg/Wien. Das vierte Eisenbahnpaket der EU hat lange für Kritik und Proteste gesorgt. Das Europaparlament hat es am Mittwoch mit breiter Mehrheit beschlossen. Glücklich damit waren am Ende eigentlich alle - außer der EU-Kommission, die das Paket forciert hatte, allerdings in anderer Form.
Einheitliche Schienensysteme, eine zentrale Fahrzeuggenehmigung für alle Mitgliedsstaaten, ein einheitliches Ticketing-System bis 2019: Der österreichische EVP-Abgeordnete Hubert Pirker schwärmt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" von den Vorteilen, die sich durch das Eisenbahnpaket ergeben. Auch ÖBB-Chef Christian Kern war voll des Lobes. Die von der EU-Kommission geforderte Aufspaltung des Eisenbahnverkehrs in Netz und Betrieb, die die meisten EU-Länder nicht haben, fand hingegen nicht Eingang in den Gesetzestext.
"Die Vorstellung der EU-Kommission einer Zwangstrennung von Netz und Betrieb ist gescheitert", sagt Jörg Leichtfried, österreichischer S&D-Abgeordneter zum EU-Parlament, nach der Abstimmung. Danach hatte es lange Zeit nicht ausgesehen. Der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments hatte noch für diese Trennung gestimmt. Damit hätte sich ein Unternehmen etwa um die Schieneninfrastruktur gekümmert und ein anderes um die Beförderung von Personen und Waren. Das hätte - so die Befürchtung von Kritikern - dazu geführt, dass sich Privatunternehmen lukrative Strecken für den Betrieb herausgesucht hätten, während der Staat auf den notwendigen, aber nicht so rentablen Strecken sitzen geblieben wäre. Doch das EU-Parlament machte der Kommission einen Strich durch die Rechnung und nahm den Passus aus dem Gesetzestext.
"Für Österreich bedeutet das, dass die Holding-Struktur so bleibt, wie sie ist", erklärt Leichtfried. "Diese Holding muss anderen die Schienen-Infrastruktur zu fairen Bedingungen zur Verfügung stellen", führt Pirker aus.
Auch bei der Badner Bahn gibt Leichtfried Entwarnung. Sie muss nach dem vierten Eisenbahnpaket nicht in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren ausgeschrieben werden. Dennoch seien grundsätzlich Direktvergaben schwerer, wenn auch nicht unmöglich gemacht worden.
Das Eisenbahnpaket bedarf noch der Zustimmung der Mitgliedstaaten. Abzuwarten bleibt, ob es schon bald zu einem fünften Eisenbahnpaket kommen wird. Nachdem das jahrelang verhandelte dritte noch nicht einmal richtig implementiert war, drängte nämlich die EU-Kommission auf das vierte, weil sie in Sachen Liberalisierung - so wie auch jetzt - nicht zufrieden war.