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Europas Abhängigkeit von Russlands Erdgas kann nur der Iran verringern

Von Helmut Dité

Analysen

Wie sagte doch Thierry Desmarest, Chef des französischen Ölriesen Total im Herbst des Vorjahrs angesichts amerikanischer Kritik an seinen Investitionsplänen im Iran: "Der Energiebedarf steigt - und deshalb ist es unmöglich, den Iran mit den zweitgrößten Öl- und Gasvorkommen der Welt zu vernachlässigen".


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Energiesparprogramme hin, Nutzung alternativer Energieträger her - Europas Erdgasbedarf wird bis 2030 von derzeit 500 Milliarden Kubikmetern pro Jahr auf 700 bis 800 Milliarden ansteigen. Und die Importabhängigkeit beim künftig wichtigsten Energieträger - derzeit im Schnitt bei 50 Prozent, in einigen Ländern, darunter Österreich, noch weit höher - nimmt ebenfalls zu.

Importabhängigkeit heißt im Fall von Gas: Abhängigkeit von Russland, dem weitaus größten Lieferanten. Heißt präziser: Abhängigkeit vom russischen Staatsmonopolisten Gazprom, den Kreml-Herr Wladimir Putin unverblümt als "mächtigen Hebel für wirtschaftlichen und politischen Einfluss in der Welt" lobt - und auch einsetzt. Und heißt schließlich ganz konkret: Es braucht nur ein paar wenige große Sperrschieber an den wenigen großen Gas-Importpipelines, die man zudrehen muss, um Europa in größte Probleme zu stürzen.

Den Europäern sind die Risiken dieser Abhängigkeit zwar - spät, aber doch - bewusst geworden. Dennoch können sie sich weder auf eine gemeinsame Energiepolitik einigen, noch ist ihnen bisher wirklich viel zum Thema "Energiesicherheit" eingefallen.

Zwei Ideen gibt es, um die Abhängigkeit von russsisch kontrollierten Pipelines zu verringern: Zum einen das Nabucco-Projekt - eine 6,4 Milliarden Euro teure Rohrleitung, durch die Gas aus Zentralasien und dem Kaspischen Raum über die Türkei bis nach Österreich fließen soll.

Und zum anderen der verstärkte Import von Flüssiggas aus Zentralasien und dem Kaspischen Raum sowie Nordafrika nach Europa - auch wenn das teurer kommt.

Die Österreicher brauchen rund neun Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Sieben Milliarden davon kommen derzeit aus Russland- durch eine einzige Pipeline. Nie hat es Probleme mit diesen Lieferungen gegeben, erst im vergangenen Jahr wurden die Importverträge mit Gazprom bis 2027 verlängert.

Und dennoch ist es richtig, dass Österreich bei beiden Projekten der Russland-Umgehung treibend dabei ist. Die OMV hat sich in der Türkei eingekauft, baut mit an einem Flüssiggas-Terminal auf der kroatischen Insel Krk, wo das in Kühltankern angelieferte verflüssigte Gas wieder in europäische Pipelines eingespeist werden soll. Und man steigt jetzt konsequent auch im Iran ein: Denn von dort, aus dem Feld Pars-Süd, dem größten bekannten Gaslager der Erde, wo geschätzte 460 Trillionen Kubikmeter Gas liegen - was ebensowenig vorstellbaren 221 Milliarden Fass Öl entspricht - kommt konkret das Gas Zentralasiens und des Kaspischen Raums, auf das Europa hofft.