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Wien. Weil der völkerrechtliche Grundsatz der Nichtzurückweisung kaum eingehalten wird und Flüchtlinge durch verschärfte Visa-Bestimmungen kaum legal nach Europa einreisen können, sind viele auf die Hilfe von Schleppern angewiesen. Das sagte Fabiane Baxewanos vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien bei einer internationalen Tagung am Montag in Wien.
"Nahezu jeder, der heute in Europa um Schutz ansuchen möchte, ist auf Fluchthilfe angewiesen", erklärte Baxewanos am ersten Tag der Tagung "'Schleppen' - schleusen, helfen. Flucht zwischen Rettung und Ausbeutung". Das Prinzip der Nichtzurückweisung, nach dem Personen nicht in einen Staat zurückgebracht werden können, in dem sie mit schweren Menschenrechtsverletzungen zu rechnen haben, werde in der europäischen Flüchtlingspolitik wenig beachtet. Demnach dürften etwa Boote mit Flüchtlingen nicht ohne die Prüfung von Asylanträgen zurückgeschickt werden. Auch die Taktik der vorverlagerten Grenzkontrollen mache eine legale Einreise für Flüchtlinge nach Europa unmöglich. "Anstatt Personen erst an der Grenze zu kontrollieren, gibt es viele Mechanismen, die es verhindern, dass sie überhaupt erst so weit kommen", sagte sie.
Verschärfte Visabestimmungen
Implizit vorverlagerte Grenzen wie etwa verschärfte Visabestimmungen seien vor allem für Drittstaaten problematisch. Momentan besteht für 129 dieser Staaten Visumspflicht. "Es gibt kaum ein Krisengebiet auf der Erde, für das es diese Pflicht nicht gibt", so Baxewanos. Die Hürden der Bürokratie in einer Krieg- und Fluchtsituation zu meistern, sei kaum möglich. Sollte es doch gelingen würden Anträge aber oft abgelehnt, weil man die Rückreisebereitschaft der Personen bezweifle.
Auch die Haftung für Transportunternehmen, die immense Strafzölle befürchten müssen, wenn sie Personen ohne ausreichende Dokumente transportieren, stehe der legalen Einreise im Weg. "Flüchtlinge begegnen der Festung Europa nicht erst an der geografischen Grenze, sondern praktisch an jedem Flughafen der Welt", erklärte die Juristin. Durch diese vorverlegten Grenzen sei auch das internationale Flüchtlingsrecht nicht anwendbar, denn zum Flüchtling wird man demnach erst, wenn man sich außerhalb des eigenen Heimatlandes befindet.
"Schutz kein Gnadenakt, sondern Verpflichtung"
"Die derzeitige europäische Einwanderungspolitik fördert Schlepperei anstatt sie zu bekämpfen", zog Baxewane Fazit. Flüchtlingen Schutz zu gewähren sei aber kein Gnadenakt, sondern eine völkerrechtliche Verpflichtung, der europäische Staaten freiwillig zugestimmt hätten. Die Debatte ob "ein paar hundert mehr oder weniger Personen in Österreich aufgenommen werden sollen", hält die Juristin für "beschämend". Legale Einreisemöglichkeiten, etwa durch Botschaftsasyl, die Abschaffung der Transportunternehmerhaftung sowie mehr Transparenz bei den Missionen der EU-Grenzagentur Frontex seien laut Baxewanos "wichtige Punkte, um den völkerrechtlichen Schutz garantieren zu können."
Auch Andreas Schloenhardt vom Institut für Strafrecht und Kriminologie kritisierte die europäische Flüchtlingspolitik. "Flüchtlingsbewegungen und Schlepperei sind eigentlich immer vorhersehbar. Die Politik aber hinkt in der Regel Jahre hinterher. Dass man erst dann auf das Problem aufmerksam wird, wenn sich schon Millionen von Menschen auf den Weg machen, ist nicht notwendig", sagte er. Viele Staaten, wie etwa Großbritannien, würden sich zudem immer mehr von der Verantwortung der Genfer Flüchtlingskonvention zurückziehen.
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