Zum Hauptinhalt springen

Europas Krisenmanager müssen sich koordinieren

Von Paul Schmidt

Gastkommentare
Paul Schmidt ist Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik.
© ÖGfE

Im Kampf gegen Covid-19 braucht es ein Mindestmaß an Gleichklang.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Um die Ausbreitung des Coronavirus zu begrenzen und uns alle zu schützen, bleiben wir zuhause und reduzieren soziale Kontakte auf ein Minimum. Je nach Infektionszahlen und Härte der Maßnahmen ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Virus von Land zu Land unterschiedlich und das Ansteckungsrisiko derzeit nicht überall gleich hoch. Nationale Grenzschließungen und regionale Abriegelungen können die Verbreitung des Virus verlangsamen, aber aufhalten können sie es nicht. So könnte schon bald ein Großteil der Europäerinnen und Europäer unter häuslicher Quarantäne stehen. Gerade deswegen sind sozialer Zusammenhalt und gelebte Solidarität jetzt wichtiger denn je.

Dies gilt auch für die EU-Staaten, deren Zusammenarbeit wieder an Fahrt gewinnen muss. Europa ist aktuell das Epizentrum der Pandemie, eine effizientere Abstimmung des Krisenmanagements ist jetzt entscheidend. Die Verwaltung des Gesundheitswesens, medizinische Versorgung und die Bekämpfung von Krankheiten liegen in nationaler Zuständigkeit. Damit sind insbesondere die Nationalstaaten gefordert, alles zu tun, um diese Krise zu meistern. Doch auch die EU kann ihren Beitrag leisten, indem sie die Mitgliedstaaten unterstützt und den Fleckerlteppich an nationalen Maßnahmen zu koordinieren versucht.

Wenn alle EU-Mitglieder vor derselben Herausforderung stehen, ein Land nach dem anderen die Grenzen hochzieht und eigene Regeln definiert, um der Bedrohung zu begegnen, braucht es ein Mindestmaß an Gleichklang und gemeinsame Anstrengungen, um auch eine Reihe von Sekundärproblemen zügig in den Griff bekommen. Die Grundversorgung der Bevölkerung muss trotz massiver interner Grenzkontrollen gewährleistet sein, Güter-, Dienstleistungs- und Kapitelverkehr müssen weiter funktionieren. Die Personenfreizügigkeit kann temporär eingeschränkt und engmaschig kontrolliert, aber nicht auf Dauer vollkommen eingestellt werden. Zwischenstaatliche Hilfestellung muss möglich sein. Hier geht es nicht um abstrakte Spitzfindigkeiten. Der Binnenmarkt ist gerade auch in Krisenzeiten ein Instrument für Solidarität. Daher gilt es europäische Regeln situationsflexibel, aber koordiniert anzuwenden oder gegebenenfalls auch zeitlich begrenzt auszusetzen. Allein schon ein funktionierender Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und eine gemeinsame Risikobewertung als fundierte Entscheidungsgrundlage können helfen, die Entwicklungen besser zu kontrollieren.

Eine gesicherte, grenzüberschreitende Versorgung, insbesondere auch mit medizinischer Ausrüstung, eine erfolgreiche Eindämmung des Virus und eine Antwort auf wirtschaftliche sowie soziale Verwerfungen in ganz Europa können letztlich nur gemeinsam gelingen. Der geplante Einreisestopp in die EU ist ein erster Schritt in diese Richtung. Einzelne, nationale Maßnahmen sind eine logische und nachvollziehbare Reaktion auf die rasche Ausbreitung des Virus. Diesem Dschungel an Entscheidungen muss aber ein einheitlicher Regelungsrahmen gegeben werden, damit die unterschiedlichen nationalstaatlichen Krisenpläne einander nicht konterkarieren, sondern ergänzen.