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Der Obmann der Österreichischen Volkspartei, Josef Pröll, vertritt in Helsinki beim Treffen der konservativen Euro-Regierungsspitzen eine Position, die in Athen - beim Meeting von Europas Sozialdemokraten - Werner Faymann als Bundeskanzler ablehnt.
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Faymann will keine Einmischung in die Tarifhoheit der Sozialpartner bei der Lohnentwicklung und auch kein einheitliches Pensionsantrittsalter in der EU. Es geht also wieder einmal um den Wettbewerbs-Pakt, der die Wirtschaftspolitik der EU besser abstimmen soll.
Das Durcheinander spielt sich mehrfach ab, denn in Athen wird SPD-Chef Gabriel andere Positionen vertreten als die CDU-Chefin Merkel in Helsinki. Dort ist allerdings Merkel die Regierungschefin und vertritt als solche das offizielle Deutschland.
Um zwischen Volkspartei und Sozialdemokraten eine Linie zu finden, haben sich zuvor Merkel und Faymann in Berlin getroffen. Bei der Finanztransaktionssteuer haben sie eine gemeinsame Linie gefunden - egal welcher Partei die beiden angehören.
Die Beschreibung zeigt recht gut, wie sinnlos die beiden Meetings sind, denn die unterschiedlichen Standpunkte zum Pakt ergeben sich aus nationalen Eigenheiten, weniger aus weltanschaulichen.
Während in der EU Reisediplomatie für interne Befindlichkeiten gepflogen wird, sterben in Libyen Menschen. Gaddafis Armee bombardiert Städte, die unter Kontrolle der Aufständischen sind. Er lässt in Tripolis weiterschlachten, um seine Hochburg zu verteidigen. Im Jemen gab es am Freitag Tote.
Das benachbarte Europa schaut zu, ergeht sich beim gepflegten Abendessen in Diskussionen zum Thema Lohnstückkosten.
Flüchtlings-Betreuung, EU-weite Asylregelung, Einrichtung wenigstens einer Flugverbotszone über Libyen durch die Nato? Kein Thema.
Der Euro ist wichtig, seine wirtschaftspolitische Absicherung ebenfalls. Aber auf welcher Basis werden diese Regelungen getroffen, wenn sich die Welt in immer kürzeren Abständen verändert? Wenn es notwendig ist, großzügig in der arabischen Welt zu helfen; wenn der Ölpreis natürlich Auswirkung auf die Wirtschaftsprognosen haben wird - dann machen die nach Parteifamilie getrennten Euro-Treffen noch weniger Sinn.
Europas Gremien sollten sich besser fragen, wie lange die Nabelschau noch dauert. Millionen Menschen rund ums Mittelmeer sowie im Nahen und Mittleren Osten würden das auch gerne wissen.